Klinische Neurophysiologie 2011; 42 - P247
DOI: 10.1055/s-0031-1272694

Quantitative Metaanalyse zu pathologischer Hirnaktivität nach Schlaganfall

A.K. Rehme 1, S.B. Eickhoff 1, G.R. Fink 1, C. Grefkes 1
  • 1Köln, Aachen

Schlaganfallpatienten zeigen bei Bewegung der betroffenen Seite häufig eine „Überaktivität“ in motorischen Arealen beider Hemisphären, die bei Gesunden nicht zu beobachten ist. Die Bedeutung dieser Aktivität ist bislang unklar. Da Stichproben oft klein sind und experimentelle und klinische Faktoren variieren, soll in einer quantitativen koordinatenbasierten Metaanalyse (activation likelihood estimation, ALE; 1,2) erstmalig untersucht werden, welche Regionen signifikante Konvergenzen in Aktivierungen über Studien hinweg zeigen und welche klinischen Variablen mit dieser lokalen Konvergenz korrelieren.

Aus einer PubMed-Recherche wurden PET und fMRT Studien ausgewählt, die motorische Funktionen der oberen Extremität mit aktiven oder passiven Aufgaben untersuchen und Gruppenkoordinaten in einem anatomischen Standardreferenzsystem berichten. Über die Aktivierungsmaxima der einzelnen Studien für die Kontraste „Bewegung betroffener/gesunder Arm > Ruhe“ und „Bewegung Patienten > Gesunde“ wurde jeweils eine ALE-Metaanalyse durchgeführt, um Regionen überzufälliger Konvergenz zu identifizieren. Innerhalb dieser wurde die Aktivierungswahrscheinlichkeit mit dem Behinderungsgrad und der Zeit nach Schlaganfall korreliert.

Es wurden 32 Studien mit 64 Experimenten, 588 Probanden und 518 Maxima eingeschlossen. Die Bewegung des betroffenen Arms zeigte studienübergreifende lokale Konvergenzen im primär motorischen Kortex (M1), prämotorischen Kortex (PMC), supplementär-motorischen Areal (SMA) und Parietalkortex beider Hemisphären. Bei Bewegung des gesunden Arms war keine Konvergenz in ipsilateralen Arealen zu beobachten. Patienten zeigten gegenüber Gesunden Konvergenzen im kontraläsionellen dorsalen PMC, M1, SMA und im ipsiläsionellem PMC. Die Aktivierungswahrscheinlichkeit in ipsiläsionellen Regionen korrelierte negativ mit dem Behinderungsgrad. Die Konvergenz im kontraläsionellen PMC, SMA und ipsiläsionellem M1 korrelierte positiv mit der Zeit nach Schlaganfall.

Erhöhte Aktivität im kontraläsionellen M1 und PMC ist unabhängig vom Behinderungsgrad ein robustes Phänomen nach Schlaganfall. Aktivierungen ipsiläsioneller motorischer Regionen sind bei schwer betroffenen Patienten seltener und ein Indikator der Funktionserholung. Aktivierungen im kontraläsionellen PMC, SMA und ipsiläsionellem M1 nehmen nach Schlaganfall zu und spiegeln funktionelle Reorganisationsmechanismen in der Spätphase wider.

Literatur:

[1] Turkeltaub 2002. Neuroimage 16:765–80

[2] Eickhoff 2009. Hum Brain Mapp 30:2907–26

Abb.1: Studienübergreifende Konvergenz in Aktivierungen für Bewegungen des betroffenen Arms > Ruhe

Abb.2: Links: Korrelation Behinderungsgrad und Aktivierungswahrscheinlichkeit über Studien
Rechts: Korrelation Zeit nach Schlaganfall Aktivierungswahrscheinlichkeit über Studien