Klinische Neurophysiologie 2011; 42 - P235
DOI: 10.1055/s-0031-1272682

Huntington'sche Krankheit – Verbesserung der Gangsicherheit durch Physiotherapie

S. Bohlen 1, C. Ekwall 1, L. Wiklund 1, R. Reilmann 1
  • 1Münster; Uppsala, SE

Fragestellung: Im Verlauf der Huntington'schen Krankheit (HK) kommt es u.a. zu Störungen des Gleichgewichts und der Gangsicherheit mit der konsekutiven Gefahr von Stürzen. Es gibt bisher keine ausreichend kontrollierten Studien, die einen positiven Effekt von Physiotherapie (PT) auf dieses Problem nachweisen konnten. Objektive und quantitativ-stetige Zielgrößen sind zur Untersuchung des Einflusses von PT bei Huntington Patienten bislang noch nicht eingesetzt worden. Die Hypothese, dass eine definierte physiotherapeutische Intervention eine Verbesserungen des Gangbildes bei dieser Patientengruppe zur Folge hat, sollte in dieser Studie überprüft werden.

Methoden: 12 Patienten mit genetisch gesicherter HK (7 Frauen und 5Männer, medianes Alter 46 Jahre) erhielten sechs Wochen lang zwei Mal wöchentlich ambulant eine Einzelstunde PT. Die Therapieeinheiten waren einheitlich strukturiert und hatten als Schwerpunkt die Verbesserung der statischen und dynamischen Balance. Objektive Untersuchungen des Gangbildes mit dem GAITRite Teppich wurden (I) sechs und (II) eine Woche(n) vor Therapiebeginn sowie (III) eine und (IV) sechs Wochen nach Therapieende durchgeführt. Die Teilnehmer gingen einerseits mit einer ihnen angenehmen und als „normal“ empfundenen Geschwindigkeit (nG) und andererseits mit einer schnelleren Geschwindigkeit (sG) jeweils sechs Mal über den Teppich. Die statistische Analyse wurde mittels Wilcoxon Test für verbundene Stichproben durchgeführt.

Ergebnisse: Sowohl die nG als auch die sG waren zum Zeitpunkt III gegenüber II erhöht (p<0,05 in beiden Fällen). Für beide Geschwindigkeiten war darüber hinaus der Anteil der Schwungphase eines Doppelschrittes nach Therapieende (III gegenüber II) erhöht (p<0,05 in beiden Fällen). Bei der nG zeigte sich zudem eine geringere Standardabweichung der Zeit für einen Doppelschritt (p<0,05). Sämtliche Parameter unterschieden sich nicht signifikant zwischen I und II und zwischen III und IV (p>0,05 in allen Fällen).

Schlussfolgerungen: Die höhere nG und sG sprechen für ein sichereres Gehen nach Abschluss der PT. Der höhere Zeitanteil der Schwungphasen während des Gehens zeigt eine verbesserte Balance an. Die geringere Standardabweichung der Zeit für einen Doppelschritt kann als Hinweis auf ein insgesamt ausgeglicheneres Gangbild interpretiert werden. Die Ergebnisse sollten in größeren verblindeten multizentrischen Studien überprüft werden. Der GAITRite hat sich zur objektiven Analyse der Gangsicherheit bewährt.