Endoskopie heute 2011; 24 - P22
DOI: 10.1055/s-0030-1271243

Methangas-Explosion im Kolon – Eine seltene aber schwerwiegende Komplikation unter endoskopischer Elektrochirurgie-Anwendung

E Wedi 1, MD Enderle 2, E Kruse 1, J Hochberger 1
  • 1St. Bernward-Krankenhaus, Med. Klinik III, Hildesheim, Germany
  • 2Erbe Elektromedizin, Tübingen, Germany

Eine seltene, potentiell schwerwiegende Komplikation bei Koloskopie stellt die Darmgasexplosion bei elektrochirurgischen Eingriffen dar. Sie ist in der offenen Chirurgie, ebenso wie aus den Anfangszeiten der Endoskopie unter Verwendung von Mannitol-haltigen Abführlösungen bekannt.

Kasuistik: Wir berichten über einen 75-jährigen Patienten, der sich elektiv zur endoskopischen ‘en bloc’-Resektion eines breitbasigen Polypen am rekto-sigmoidalen Übergang bei uns vorstellte. Der Patient hatte am Vortag nach Klysma-Vorbereitung extern eine Sigmoidoskopie erhalten und sich dann mit unserer Standard-Vorbereitung von Natrium-Dihydrogenphosphat und Bisacodyl (am Vortag) sowie Macrogol/Ascorbin-Säure (fraktioniert am Vortag und Untersuchungstag) sowie Tee/Wasser zur Koloskopie vorbereitet. Der Genuß von additiven Frucht- oder Gemüsesäften wurde verneint. Üblicherweise neige der Patient nicht wesentlich unter Blähungen. Der Patient war beim Vorspiegeln bis ins obere Sigma gut vorbereitet (1–2 von 6) ohne relevante Stuhlreste. Es fand sich ein 70% der Zirkumferenz einnehmender flächiger Polyp ca. 14–18cm abanal, bioptisch ein tub-vill. Adenom mit HG-IEN. Es erfolgte eine ‘en bloc’ Resektion in Submucosa-Dissektionstechnik (ESD; Endocut Q, 1/1/1; Forced Coag St. 3, 32W). Nach zirkulärer Markierung und Unterspritzung wurde eine bluttrockene Präparation des Adenoms mit einem 1mm Nadelmesser durchgeführt. Bei der Abtragung an einem lateralen Gewebszipfel kam es, offenbar durch Fulgurisation, zu einem lauten Knall. Das Endoskop wurde aus dem Anus geschleudert. Beim Wiedervorspiegeln zeigten sich zwei Wanddefekte von 10×7mm und 15×10mm im bereits präparierten Wundgrund. Das Präparat wurde mit einem zweiten Elektrochirurgie-Gerät vollständig abgetragen und beide Wanddefekte mit einem Makroclip verschlossen (OTSC, Over-the-Scope-Clip; Ovesco Thübingen). Bei insgesamt unsicherer Situation, Flüssigkeit und Luft im Abdomen im CT, jedoch ohne aktuelles KM-Paravasat, wurde der Patient einer anterioren Rektumresektion zugeführt. Die Überprüfung des Elektrochirurgie-Gerätes ergab eine regelrechte Funktion.

Schlussfolgerung: Die Methangas-Explosion im Kolon während endoskopisch-elektrochirurgischer Eingriffe wurde in den letzten 10 Jahren sechs Mal in der Literatur jeweils in Zusammenhang mit Argon Plasma Koagulation beschrieben. 5 von 6 Patienten mussten sekundär operiert werden. In der Literatur werden Stuhlreste, Sorbitol oder Mannitol-haltige Abführlösungen als begünstigend für eine Methan- und Wasserstoffgasentwicklung im Darm beschrieben, was hier nicht der Fall war. Ob die ESD mit Messerpräparation einen eigenen Risikofaktor darstellt, bleibt aktuell offen. Vermutlich hätte jedoch die Verwendung von CO2 als Insufflationsgas den Zwischenfall verhindern können.