Geburtshilfe Frauenheilkd 2010; 70 - A21
DOI: 10.1055/s-0030-1269979

Das simultane endometrioide Karzinom des Corpus uteri und des Ovars

F Müller 1, M Unger 1, U Ulrich 1
  • 1Berlin-Grunewald

Vorgestellt wurde der Fall einer 48-jährigen Patientin mit suspektem, hochaufgebautem Endometrium sowie zystisch-soliden Ovarialtumoren beidseits ohne Aszites. Der Tumormarker CA125 war mit 55 IU/ml leicht erhöht. Die operative Diagnostik durch Hysteroskopie und fraktionierte Abrasio sowie laparoskopische Salpingo-Oophorektomie beidseits ergab gering differenzierte endometrioide Adenokarzinome im Endometrium und in beiden Ovarien. Die Ovarialbefunde (max. Größe 5,2 und 7,9cm) wiesen eine intakte Kapsel und keine Gefäßinvasion auf. In der Spülzytologie fanden sich keine malignen Zellen. Daraufhin wurde das operative Staging mit Hysterektomie, infragastrischer Omentektomie, systematischer pelviner und paraaortaler Lymphonodektomie sowie mit Entnahme peritonealer Proben komplettiert. Im Uterus zeigte sich ein nur geringfügig myoinvasives Wachstum des gering differenzierten endometroiden Adenokarzinoms. Die Lymphknoten, das Omentum und die peritonealen Proben waren tumorfrei (pN0, M0, G3, L0, V0, R0). Nun stellte sich die Frage, ob es sich um ein in die Ovarien metastasiertes Endometriumkarzinom (pT3a) oder um ein in den Uterus metastasiertes Ovarialkarzinom (pT2a) oder um simultane Karzinome (Endometriumkarzinom pT1a, Ovarialkarzinom pT1b) mit unterschiedlichen Prognosen und adjuvanten Therapien handelt. Es wurden zur Beantwortung dieser Fragen die sog. Ulbright- und Scully-Kriterien herangezogen, anhand derer im vorliegenden Fall die Diagnose von zwei simultanen Karzinomen gestellt werden konnte. Um zu beurteilen, wie dieser Fall vor allem prognostisch einzuschätzen ist, wurden in einer Literaturrecherche zu diesem Thema die Charakteristika dieser speziellen Entität zusammengefasst: 1. Unter den simultanen Karzinomen von Ovar und Uterus prädominiert die simultane endometrioide Histologie. 2. Die Patientinnen sind deutlich jünger als dies bei singulären Endometrium- oder Ovarialkarzinomen zu erwarten ist und sie sind häufig prämenopausal. 3. Es finden sich meist niedrige Stadien und ein niedriges Grading beider Karzinome. 4. Die Prognose ist mindestens so gut, wie die der singulären Karzinome, eventuell sogar besser (uneinheitliche Daten). 5. Es wurde – ohne dass diese Fragestellung in den Studien bestand – in ca. 30% eine ovarielle Endometriose gefunden (Ätiologie?). 6. Es wurde keine Assoziation zu familiären Karzinomdispositionen (z.B. HNPCC) gefunden. Aufgrundlage dieser Daten wurden in der interdisziplinären Tumorkonferenz eine adjuvante Carboplatin-Mono-Chemotherapie und eine vaginale Brachytherapie empfohlen.

Literaturempfehlungen:

  • Choo YC, Naylor B: Multiple primary neoplasms of the ovary and uterus. Int J Gynaecol Obstet 1982; 20: 327–334.

  • Eifel P, Hendrickson M, Ross J, Ballon S, Martinez A, Kempson R: Simultaneous presentation of carcinoma involving the ovary and the uterine corpus. Cancer 1982; 50:163–170.

  • Jambhekar NA, Sampat MB: Simultaneous endometrioid carcinoma of the uterine corpus and ovary: a clinicopathologic study of 15 cases. J Surg Oncol 1988; 37:20–23.

  • Nishimura N, Hachisuga T, Yokoyama M, Iwasaka T, Kawarabayashi T: Clinicopathologic analysis of the prognostic factors in women with coexistence of endometrioid adenocarcinoma in the endometrium and ovary. J Obstet Gynaecol Res. 2005; 31:120–126.

  • Ulbright TM, Roth LM: Metastatic and independent cancers of the endometrium and ovary: a clinicopathologic study of 34 cases. Hum Pathol 1985; 16: 28–34.

  • Young RH, Scully RE: Metastatic tumors to the ovary. In: Kurman RJ (ed.) Blaustein's Pathology of the Female Genital Tract (2002).

  • Zaino RJ, Unger ER, Whitney C: Synchronous carcinomas of the uterine corpus and ovary. Gynecol Oncol 1984;19: 329–335.

  • Zaino R, Whitney C, Brady MF, DeGeest K, Burger RA, Buller RE: Simultaneously detected endometrial and ovarian carcinomas – a prospective clinicopathologic study of 74 cases: a gynecologic oncology group study. Gynecol Oncol 2001; 83: 355–362.