Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2010; 45(11/12): 740-751
DOI: 10.1055/s-0030-1268878
Fachwissen
AINS-Topthema: Point-of-Care-Monitoring
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Point-of-Care-Monitoring – POC-Monitoring der Gerinnung

Dorothee Caliebe, Berthold Bein
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Publication Date:
30 November 2010 (online)

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Zusammenfassung

Die POC-Verfahren der Gerinnung haben in den letzten Jahren einen zunehmenden Einsatz im operativen Bereich gefunden. Mittels einer raschen, zielgerichteten Diagnostik ermöglichen sie den behandelnden Ärzten, rasch und zielgerichtet zu therapieren. So können Blutprodukte und Ressourcen eingespart werden. Um dies auf hohem Niveau gewährleisten zu können, ist nicht nur erforderlich, die einzelnen zur Verfügung stehenden Verfahren mit ihren Indikationen und Limitationen zu kennen, sondern auch Kenntnisse von Fehlerquellen zu haben.

In diesem Artikel werden die in Deutschland häufig eingesetzten POC-Verfahren der Gerinnung vorgestellt. Ihre Einsatzbereiche und Limitationen werden beschrieben, außerdem wird die rechtliche Situation, die durch die RiLiBÄK 2008 entstanden ist, betrachtet. Auch wenn im Bereich der Qualitätskontrolle gerade bei komplexeren Verfahren noch vieles ungeklärt erscheint, so ist es doch wichtig, dass auch bei diesen Verfahren von der Präanalytik bis zur technischen Kontrolle ein umfassendes Qualitätsmanagement etabliert wird.

Abstract

In recent years, point-of-care coagulation monitoring systems have gained widespread use during surgical procedures. By providing quick and goal directed diagnostic information, they enable the attending physician to deliver a quick and goal directed therapy, thereby saving blood products and reduce ressource utilisation. In order to maintain a high quality level, the physician in charge needs to have a sound knowledge of both the available methods including their indications and limitations and possible sources of error.

This article summarizes the popular POC coagulation systems in Germany. Indications and limitations are described with special emphasis on the legal prerequisites that have been changed according to the new guidelines for laboratory investigations launched by the German college of physicians in 2008. Even though several issues regarding the necessary quality controls are still under debate especially with the more complex methods, it is of paramount importance that a comprehensive quality management is established for these POC methods.

Kernaussagen

  • Die Gerinnung kann in 4 Phasen unterteilt werden: primäre Hämostase, Thrombingenerierung, Gerinnselbildung, Gerinnsellyse.

  • POC-Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass sie einfach und patientennah durchzuführen sind und bei rasch verfügbaren Ergebnissen eine unmittelbare diagnostische und therapeutische Konsequenz haben.

  • Die Activated Clotting Time (ACT) ist ein Globaltest. Eine Differenzialdiagnose der Gerinnungsstörung ist nicht möglich. Bei der Steuerung der Heparinantikoagulation in der Kardiochirurgie, in der interventionellen Kardiologie und bei der extrakorporalen Membranoxygenierung hat die ACT einen sehr hohen Stellenwert.

  • Die POC-Bestimmung von INR und PTT in der Klinik ist dann sinnvoll, wenn sie zu einer deutlich schnelleren Entscheidung als die Analyse im Notfalllabor führt und dies vorteilhaft für den Patienten ist (Fremdblutverbrauch, OP-Zeit).

  • Der PFA-100 hat aufgrund seiner hohen Anforderungen an Rahmenbedingungen (HK ≥ 35 %, Thrombozytenzahl ≥ 100 000/μl) seinen Haupteinsatzbereich in der präoperativen Phase. Bei Patienten mit einer positiven Gerinnungsanamnese im Bereich der primären Hämostase ist sein Einsatz sinnvoll, um z. B. ein Von-Willebrand-Syndrom oder ASS-Effekte zu erfassen.

  • Mit dem Multiplate kann über unterschiedliche Tests eine differenzierte Diagnostik der Thrombozytenfunktion durchgeführt werden, mit der die Effekte von unterschiedlichen Thrombozytenaggregationshemmern abgebildet werden können.

  • Die Rotationsthrombelastometrie (Rotem) erfasst die Zeit, bis ein Gerinnsel entsteht, die Gerinnselfestigkeit und eine eventuell vorliegende Gerinnsellyse.

  • Während das Multiplate „nur“ die Thrombozytenfunktion abbildet, hat das Rotem bei der Beurteilung der Thrombozytenfunktion seine Limitation. Insofern ergänzen sich die Geräte in ihren diagnostischen Aussagen.

  • Mit der RiLiBÄK 2008 werden an die POC-Verfahren hinsichtlich der Qualitätssicherung die gleichen Anforderungen gestellt wie an das Zentrallabor.

  • Im Bereich der POC-Diagnostik der Gerinnung ergibt sich das Problem, dass bei Vollblutproben keine ausreichende Stabilität besteht. Somit steht für einige POC-Verfahren kein Kontrollmaterial zu Verfügung. Umso wichtiger ist es daher, ein suffizientes Qualitätsmanagement zu entwickeln und zu etablieren, das die Abläufe von der Präanalytik bis zur technischen Kontrolle umfasst.

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Literatur

Dr. med. Dorothee Caliebe
Prof. Dr. med. Berthold Bein

Email: caliebe@anaesthesie.uni-kiel.de

Email: bein@anaesthesie.uni-kiel.de