Z Gastroenterol 2010; 48 - K16
DOI: 10.1055/s-0030-1267666

Langzeitevaluation von neurokognitiver Leistungsfähigkeit bei Patienten mit chronischer Hepatitis-C-Infektion und antiviraler Therapie mit pegyliertem Interferon alfa

A Schäfer 1, G Teuber 2, S Wollschläger 3, C Keicher 1, M Scheurlen 1, MR Kraus 4
  • 1Medizinische Klinik und Poliklinik II der Universität Würzburg ZIM, Schwerpunkt Gastroenterologie
  • 2IFS Stresemannallee
  • 3III. Medizinische Klinik, Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt
  • 4Medizinische Klinik II, Kreiskliniken Altötting-Burghausen

Hintergrund: Eine Beeinträchtigung der neurokognitiven Leistungsfähigkeit wird im Zusammenhang mit der chronischen Hepatitis-C-Infektion immer wieder diskutiert. In der vorliegenden Studie untersuchten wir den Langzeitverlauf neurokognitiver Parameter bei Patienten mit und ohne erfolgreiche Elimination des Hepatitis-C-Virus (HCV).

Patienten und Methoden: In einer prospektiven, trizentrischen Längsschnittstudie wurden insgesamt 168 ambulante Hepatitis-C-Patienten eingeschlossen, die mit pegyliertem Interferon alfa und Ribavirin behandelt wurden. Im einem Messwiederholungsdesigns wurde die neurokognitive Leistungsfähigkeit mithilfe des computergestützten TAP-Testverfahrens erfasst (Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung; Subtests Alertness, Geteilte Aufmerksamkeit, Vigilanz und Arbeitsgedächtnis). Die Messzeitpunkte waren vor Therapiebeginn, 12 bzw. 24 Wochen unter Interferon, sowie 4 Wochen und 12 Monate (Langzeiterhebung) nach Ende der Interferontherapie. Die primäre Outcome-Variable war die neurokognitive Leistungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Langzeiterhebung

Ergebnisse: In der Gesamtstichprobe war die neurokognitive Leistungsfähigkeit unter antiviraler Therapie signifikant beeinträchtigt, was sich durch erhöhte Reaktionszeiten in allen verwendeten TAP-Subtests zeigte (P <0,001). Genauigkeitsmaße (z.B. die Anzahl falscher Reaktionen) waren hiervon nicht betroffen.

12 Monate nach Beendigung der antiviralen Behandlung zeigten Patienten mit SVR (n=116 von 168; 69%) im Vergleich zur Baseline-Erhebung in 3 TAP-Subtests signifikant verringerte Reaktionszeiten (Alertness, Geteilte Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis: 0,001<P<0,01). Die höchste Effektstärke wurde bei der Vigilanzaufgabe erzielt.

Im Gegensatz hierzu zeigten Patienten ohne Viruselimination (n=52 von 168; 31%) beim Vergleich von Baseline und Langzeit-Follow-Up keine signifikant veränderten TAP-Reaktionszeiten.

Schlussfolgerung: Wir konnten bei HCV-Patienten einen signifikanten positiven Langzeiteffekt der Viruselimination auf wichtige Aspekte der neurokognitiven Leistungsfähigkeit demonstrieren. Dies könnte ein zusätzliches Argument für die antivirale Behandlung auch von HCV-Patienten ohne fortgeschrittene Lebererkrankung (aber bereits mit neurokognitiven Beeinträchtigungen) sein.