Ultraschall Med 2010; 31 - P18_14
DOI: 10.1055/s-0030-1266947

Ullrich-Turner-Syndrom mit einem X-Ringchromosom bei einer DC/DA Geminischwangerschaft – ein Fallbericht

F Faschingbauer 1, MW Beckmann 1, F Heller 1, F Voigt 1, TW Goecke 1
  • 1Universitätsfrauenklinik Erlangen, Erlangen

Patienten und Methode: Bei der 37 jährigen IIG/IP mit DC/DA Geminischwangerschaft wurde in der 16. SSW bei einem der Feten ein Ullrich-Turner-Syndrom (UTS) diagnostiziert. Die exakte Karyotypisierung ergab ein Mosaik 45 X/ 46 X, r(X) mit intakter XIST-Region auf dem X-Ringchromosom. Das Organscreening in der 21. SSW zeigte bei dem UTS Feten ein Hygroma Colli, eine Blake´s Pouch Zyste, eine einseitige Hydronephrose bei Uretermündungstenose, sowie eine mäßiggradige Aortenisthmusstenose.In der 29. SSW fand sich erstmals ein zero-flow in der A. umbilicalis des UTS Feten mit ausgeprägter Wachstumsretardierung. Die Eltern entschlossen sich unter Einbeziehung des humangenetischen Befundes zur Maximaltherapie für beide Kinder auch unter Inkaufnahme des Frühgeburtlichkeitsrisikos des gesunden Feten. Bei Verschlechterung der Dopplerparameter im Sinne eines Brain-Sparings erfolgte in der 32+4. SSW die Entbindung mittels Sektio. Beide Kinder wurden postpartum in stabilem Zustand in die Kinderklinik verlegt.

Schlussfolgerungen: Bei dem in nur ca. 5% der Fälle vorliegendem Mosaik mit einem X-Ringchromosom ist die Prognose maßgeblich abhängig von Struktur und Größe des Ringchromosomes. Während sich in einigen Fällen bei UTS-Patientinnen mit X-Ringchromosom ein gemindertes Auftreten der typischen körperlichen Stigmata zeigt, weist ein Großteil deutlich schwerere mentale Entwicklungsstörungen auf. Als Ursache hierfür gilt das Vorhandensein oder Fehlen der XIST-Region, welche für die Inaktivierung eines der beiden X-Chromosome verantwortlich ist. Fehlt diese Region kommt es zur Manifestation einer funktionellen Disomie X-chromosomaler Gene, welche mit ausgeprägter mentaler Retardierung einhergeht.

Die humangenetische Diagnostik spielt in der Abschätzung der Prognose eines UTS eine entscheidende Rolle und konnte in diesem Fall die Eltern wesentlich bei ihrer Entscheidungsfindung hinsichtlich der Maximaltherapie für beide Kinder auch unter Inkaufnahme des Frühgeburtlichkeitsrisikos für den gesunden Feten, unterstützen.

Abb. 1: Hydronephrose bei Uretermündungsstenose

Abb. 2: Aortenisthmusstenose

Abb. 3: Blake's Pouch Zyste

Wachstumsverlauf

FISH Analyse (grünes Signal: Zentromer X; rotes Signal: XIST-Region Xq13)

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Karyogramm