Gesundheitswesen 2010; 72 - P163
DOI: 10.1055/s-0030-1266670

Quantitative Schätzung der Effekte einer bevölkerungsweiten Salzreduktion auf die Inzidenz und Prävalenz der Hypertonie in Deutschland

L Knorpp 1, A Kroke 1, D Niebuhr 1
  • 1Hochschule Fulda, Fulda

Hintergrund: Der Effekt einer reduzierten Salzaufnahme auf den Blutdruck wird gegenwärtig intensiv diskutiert. Die aktuelle Ernährungsweise in industrialisierten Ländern ist gekennzeichnet durch einen sehr hohen Salzgehalt. Gleichzeitig finden sich in vielen dieser Länder hohe Inzidenz- und Prävalenzraten für Hypertonie. Es besteht daher die Frage, ob eine bevölkerungsweite Intervention zur Salzreduktion einen sinnvollen Ansatz zur Prävention von Hypertonie darstellt. Material/Methoden: Zur Bewertung der Effektivität und Sicherheit einer bevölkerungsweiten Salzreduktion in verarbeiteten Lebensmitteln wurde eine umfassende Analyse der verfügbaren Evidenz vorgenommen. Hierzu wurden die Ergebnisse einer Vielzahl unterschiedlicher Studientypen berücksichtigt, die die Beziehung zwischen Natriumaufnahme und Blutdruck untersuchten. Zudem wurden Ergebnisse und Erfahrungen aus Langzeitinterventionen zur Prävention von kardiovaskulären Erkrankungen hinzugezogen. Auf dieser Grundlage wurde mithilfe des Computersimulationsmodells PREVENT (Informationen unter: http://www.eurocadet.org/) eine quantitative Schätzung des Effekts einer Senkung des mittleren Blutdrucks auf die Inzidenz und Prävalenz der Hypertonie in Deutschland durchgeführt. Ergebnisse: Eine moderate Reduzierung der Salzaufnahme würde einen geringen aber entscheidenden blutdrucksenkenden Effekt haben und zu einer Verschiebung der Blutdruckverteilungskurve der deutschen Bevölkerung in Richtung einer theoretisch minimalen Risikoexposition führen. Über einen Zeitraum von 50 Jahren würde es im Vergleich zu einem Referenzszenario ohne Veränderung des Blutdruckniveaus zu einer deutlichen Abnahme in den absoluten Inzidenz- und Prävalenzraten der Hypertonie kommen. In Abhängigkeit von unterschiedlichen Interventionsszenarien beträgt die Gesamtzahl vermeidbarer inzidenter Hypertoniefälle bis zum Jahr 2046 545.000, 830.000 bzw. 1,1 Millionen. Die Hypertonieprävalenz würde sich im Vergleich zum Referenzszenario entsprechend um bis zu 6,8 Millionen Fälle reduzieren. Die Schätzungen sind wegen Einschränkungen der für die Simulation verfügbaren Datengrundlage als konservativ zu betrachten. Schlussfolgerungen: Eine Reduktion des Salzgehalts in verarbeiteten Lebensmitteln stellt einen effektiven und sicheren Ansatz für eine bevölkerungsbasierte Intervention zur Verringerung der Krankheitslast durch Hypertonie in Deutschland dar.