Einleitung: 1989 wurden Individualprophylaxe (IP) und Gruppenprophylaxe (GP) und 2000 zahnärztliche
Früherkennungsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche GKV-Leistungen. Gesetzlich
vorgegebene IP-Inhalte sind Mundhygiene-Anleitung und -kontrolle, Fissurenversiegelung
und Fluoridanwendung. Zahnarztpraxen bieten als Privatleistung die „Professionelle
Zahnreinigung“ an. Betreuungsgrad und Effektivität: In der GP in Kindertagesstätten
und Schulen erhalten nur etwa 10% der Kinder Fluoridanwendungen. So wird der potenzielle
Nutzen (15–48% Karieshemmung) unzureichend realisiert. 47% der Eltern berichten über
eine mindestens einmal jährliche IP-Fluoridanwendung in der Zahnarztpraxis. Fissurenversiegelungen
übertreffen vermutlich die Effektivität von Fluoridlackanwendung, schützen den Zahn
allerdings nicht an allen Zahnflächen. Durchschnittlich ist bei den 9- und 12-Jährigen
nur ein Molar fissurenversiegelt, bei Kindern mit Migrationsgeschichte nur maximal
halb so viele. Der starke Kariesrückgang seit Anfang der 1970er Jahre wurde nach Expertenmeinung
durch Hinzufügen von Fluorid zu Zahnpasten („Verhältnisprävention durch Angebotsmodifikation“)
verursacht. Gruppen mit unterschiedlichem Erkrankungsrisiko profitierten davon gleichermaßen.
Es gibt keinen Hinweis, dass die finanziell aufwändigste Maßnahme, die IP, den Kariesrückgang
beschleunigt hätte. Wegen der häufig nicht risikoadäquaten Inanspruchnahme der Komm-Struktur
der IP ist diese nicht geeignet, sozial bedingte Unterschiede beim Mundgesundheitszustand
gezielt zu verbessern. – In der Erwachsenenbetreuung ist der mögliche primärpräventive
Effekt der professionellen Zahnreinigung unklar. Kosten: Für die IP wandten die Krankenkassen
2008 426 Mio. Euro auf. Die Ausgaben für GP liegen bei 41 und für Kinder-Früherkennungsuntersuchungen
bei 11 Mio. Euro. Zweimal jährlich aufsuchende GP-Prophylaxe und Fluoridlackanwendung
mit viermal jährlicher Betreuung einer Kariesrisiko-Gruppe kostet 27 Euro je Kind.
Die Kosten für die IP liegen etwa beim Dreifachen. Bewertung: Die Kosten-Nutzen-Relation
der Fluoridierung in der IP ist erheblich schlechter als die der häuslichen oder gruppenprophylaktischen
Anwendung. Die Angebotsstruktur der IP und GP und die Ausgaben verhalten sich umgekehrt
proportional zur Effizienz. Empfehlungen: Zahnärzte sollten die IP bedarfsorientierter
einsetzen. Die GP sollte in Richtung auf Durchsetzung effektiver Programme umstrukturiert
werden. Aufsuchende GP-Konzepte sind gegenüber praxisbasierten Angeboten zu bevorzugen.