Gesundheitswesen 2010; 72 - V13
DOI: 10.1055/s-0030-1266177

Die ambulante Koloskopie in Bayern – eine regionale Analyse der Daten

R Pritzkuleit 1, M Meyer 2, B Berndt 3, A Munte 4, A Katalinic 1
  • 1Institut für Krebsepidemiologie, Lübeck
  • 2Bevölkerungsbezogenes Krebsregister Bayern, Erlangen
  • 3Gastroenterologische Praxis, München
  • 4Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, München

Einleitung: Darmkrebs ist die zweithäufigste Tumorerkrankung in Deutschland. Seit dem Jahr 2002 steht mit der Einführung der Vorsorge-Koloskopie ein effektives Instrument zur frühzeitigen Erkennung von Darmkrebs zur Verfügung. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) hat für die ambulant durchgeführte Koloskopie (präventiv und kurativ) eine elektronische Dokumentation eingeführt, die eine umfassende Analyse von Koloskopienutzung und Koloskopiebefunden erlaubt. Material und Methoden: Als Datengrundlage standen die etwa 800.000 durchgeführten und elektronisch dokumentierten Koloskopien der Jahre 2006–2008 (KVB) und die Daten zur Darmkrebsinzidenz in Bayern (KR-B), insgesamt knapp 20.000 Erkrankungsfälle, zur Verfügung. Um den Einfluss möglicher sozioökonomischer Faktoren mit berücksichtigen zu können, wurde die Datenbank „Statistik lokal“ des Statistischen Bundesamtes verwendet. Auf Basis der dreistelligen Postleitzahlen und der Gemeinden wurden 77 Regionen in Bayern gebildet, denen die genannten Daten zugeordnet wurden. Berechnet wurden verschiedene Indikatoren, wie Anteil an Vorstufen oder diagnostiziertem Darmkrebs in der Koloskopie, Teilnahmeraten bezogen auf die Bevölkerung (jeweils präventiv und kurativ) und Darmkrebshäufigkeiten in der Bevölkerung (Basis Krebsregister). Zusammenhänge zwischen Koloskopie, Darmkrebsinzidenz und sozioökonomischen Einflussfaktoren wurden mit ökologischen Korrelationsanalysen untersucht. Ergebnisse: Es lassen sich deutliche räumliche Unterschiede in der Inanspruchnahme, der Entdeckungsrate und der Darmkrebsinzidenz in Bayern zeigen. Die Inanspruchnahme präventiver Koloskopien korreliert mit sozioökonomischen Gebietsvariablen (Lohnsteuer/Steuerpflichtigen Rho=0,34**, Arbeitslose je SV-Beschäftigten Rho=–0,25*, Anteil Nichtwähler Bundestagswahl Rho=–0,3**). Die Inanspruchnahme der kurativen Koloskopie korreliert nicht, die Darmkrebsinzidenz korreliert deutlich mit sozioökonomischen Faktoren. Ein Zusammenhang der Koloskopieraten mit dem Angebot (Arztdichte) konnte nicht gefunden werden. Diskussion/Schlussfolgerung: Die räumlichen Unterschiede in den Koloskopie-Teilnahmeraten und in der Darmkrebsinzidenz lassen sich teilweise mit sozialökonomischen Faktoren erklären. Zur Minderung der höheren Krankheitslast in sozial benachteiligten Gebieten wäre eine Erhöhung der Teilnahmeraten an der präventiven Koloskopie hilfreich.