Gesundheitswesen 2010; 72 - WS5
DOI: 10.1055/s-0030-1266175

East meets West – Entwicklung der Säuglingssterblichkeit und Lebenserwartung in Ost- und Westeuropa (eingeladener Vortrag)

H Brand 1, N Rosenkötter 1
  • 1Maastricht University, Faculty of Health, Medicine and Life Sciences, Department of International Health, Maastricht

Hintergrund: Der Bericht zur Gesundheit in Deutschland 20 Jahre nach dem Mauerfall zeigt, dass sich die Lebenserwartung zwischen neuen und alten Bundesländern angeglichen hat – anstatt eines West-Ost-Gradients zeigt sich eher ein Unterschied zwischen nord- und süddeutschen Bundesländern. Nachfolgend soll dargestellt werden wie der Prozess der Annäherung auf Europäischer Ebene zwischen ost- und westeuropäischen Staaten verlaufen ist. Methode: Als Indikatoren dienen Säuglingssterblichkeit (je 1000 Lebendgeborene) und Lebenserwartung (bei Geburt) aus der „Health for all“-Datenbank. Zeitverläufe (1970–2006) zwischen alten (EU-15) und neuen EU-Mitgliedstaaten (EU-12) sowie osteuropäischen Staaten der WHO-Europa-Region, die nicht EU-Mitgliedstaaten sind (CIS-Region) wurden analysiert. Außerdem wurde mit Fokus auf EU-Mitgliedsstaaten Differenzen innerhalb der west- und osteuropäischen Staaten berechnet. Ergebnisse: Die Säuglingssterblichkeit sinkt im Zeitverlauf in West- und Osteuropa sowie in der CIS-Region. Der Abstand zwischen den Regionen hat sich im Zeitverlauf verringert – die Unterschiede sind jedoch nach wie vor groß (2006: EU-15=3,93; EU-12=7,67; CIS=12,78). Die Lebenserwartung steigt in EU-Mitgliedsstaaten an und stagniert in der CIS-Region. Während 1986 die Lebenserwartung zwischen EU-12- und CIS-Region noch vergleichbar war (70,74 Jahre bzw. 70,13 Jahre) hat sich der Abstand 2006 vergrößert (EU-12=74,38 Jahre, CIS=67,86 Jahre). Der Differenz aus höchster und niedrigster Säuglingssterblichkeit hat sich in westeuropäischen Ländern zwischen 2004 und 2006 vergrößert und in den osteuropäischen EU-Mitgliedsländern verringert. Die Differenz der Lebenserwartung hat sich innerhalb west- und osteuropäischer Länder vergrößert. Nur bei der männlichen Lebenserwartung hat sich die Differenz in westeuropäischen Ländern verringert und innerhalb der osteuropäischen Länder vergrößert. Osteuropäische Länder wie Slowenien und Tschechien haben eine vergleichbare Säuglingssterblichkeit oder Lebenserwartung wie Länder mit den jeweils niedrigsten Werten unter den alten EU-Mitgliedsstaaten. Diskussion: Insgesamt ist der Unterschied zwischen ost- und westeuropäischen Ländern bezüglich Säuglingssterblichkeit und Lebenserwartung nach wie vor deutlich. Länder wie Slowenien oder Tschechien nähern sich jedoch den alten EU-Mitgliedsstaaten an, so dass – wie innerhalb Deutschlands – Ländervergleiche sinnvoller sind als Ost-Westvergleiche.