NOTARZT 2011; 27(3): 117-119
DOI: 10.1055/s-0030-1266109
Fortbildung
Der toxikologische Notfall
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Maximale Entspannung

F.  Martens1
  • 1Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum, Klinik für Nephrologie und internistische Intensivmedizin (komm. Direktoren: Prof. Dr. A. Jörres und Prof. Dr. R. Schindler)
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
10. Juni 2011 (online)

Preview

Der Fall

In den frühen Morgenstunden wird der Notarzt in die Rettungsstelle eines kleineren Krankenhauses unter dem Stichwort „Verlegungstransport” alarmiert. Eine 47-jährige Frau war mit dem RTW eingeliefert worden, nachdem sie wegen eines Partnerkonflikts etwa 6 Stunden zuvor ca. 40 Tabletten eines Kombinationspräparats aus je 10 mg Amlodipin und 40 mg Olmesartan sowie eine halbe Flasche Sekt eingenommen hatte.

In der Rettungsstelle wurde bei der Patientin eine ausgeprägte Hypotonie von 60 / 30 mm Hg und eine leichte Somnolenz festgestellt. Da der Anruf bei einer Giftinformationszentrale ergab, dass es sich bei Art und Menge der eingenommenen Substanzen um eine potenziell schwerwiegende Vergiftung handele, wurde die Verlegung in die Universitätsklinik vereinbart. Zuvor waren 100 g Aktivkohle gegeben und nach Einlage einer arteriellen Druckmesskanüle mit Volumen und Noradrenalin begonnen worden.

Der Notarzt sah eine schläfrige Patientin, die auf einfache Fragen adäquat Antwort gab. Sie war trotz laufender Noradrenalininfusion tief hypoton mit Blutdruckwerten von 70 / 40, einer Herzfrequenz um 100 / min und einer pulsoxymetrischen Sättigung von 100 % unter 3 l Sauerstoff / min.

Unter Fortführung der in der Rettungsstelle begonnenen Volumen- und Katecholamintherapie erfolgte der Transport in Begleitung des Notarztes auf die Intensivstation der Universitätsklinik.

Nach Übernahme wurde die begonnene Therapie mit Volumen und Noradrenalin fortgesetzt. Zur Besserung der kardialen Inotropie wurde zusätzlich mit Dobutamin und Kalziuminfusionen begonnen. Trotz dieser Maßnahmen ließ sich in den folgenden 10 Stunden keine nennenswerte Besserung des Zustands erreichen. Unter der inzwischen stark positiven Volumenbilanz verschlechterte sich der pulmonale Gasaustausch, sodass bei ausbleibendem Effekt einer nicht invasiven Beatmung 16 Stunden nach Übernahme die Intubation und maschinelle Beatmung erfolgen mussten.

Trotz der Gabe von Kalzium, hochdosiertem Insulin und Glukose, dem Versuch einer Lipidtherapie sowie steigenden Dosen von Noradrenalin war keine zufriedenstellende Besserung der Durchblutung erzielt worden. Da auch die Urinausscheidung unter dem niedrigen Blutdruck sistierte, wurde etwa 24 Stunden nach Übernahme mit einer kontinuierlichen venovenösen Hämodiafiltration begonnen. Diese musste über 3 Tage fortgesetzt werden, danach wurden intermittierende Hämodialysen bei gebesserten Kreislaufverhältnissen vertragen.

Nach 9 Tagen Beatmung konnte die Patientin extubiert werden. Nach 12 Tagen Intensivtherapie wurde die Patientin nach psychiatrischem Konsil auf die Normalstation verlegt und von dort nach Abklingen des akuten Nierenversagens in eine psychiatrische Klinik weiterverlegt.

Literatur

Priv.-Doz. Dr. Frank Martens

Charité, Campus Virchow Klinikum, Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, Klinik für Nephrologie und internistische Intensivmedizin

Augustenburger Platz 1

13353 Berlin

eMail: frank.martens@charite.de