Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2010; 20 - A33
DOI: 10.1055/s-0030-1265660

Polypharmazie und Nebenwirkungen bei Älteren – eine Auswahl aktueller Studien in deutschen Altenheimen

S Schmiedl 1, F Hanke 1, P Thürmann 1
  • 1HELIOS Klinikum Wuppertal

Ältere Patienten stellen aufgrund der häufig vorhandenen Multimorbidität und resultierenden Polypharmazie eine besondere Risikopopulation für das Auftreten unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAWs) dar. Insbesondere in stationären Pflegeeinrichtungen besteht aufgrund des hohen Anteils von Bewohnern mit dementiellen Erkrankungen ein zusätzlich erhöhtes Risiko für derartige Ereignisse. Im Rahmen mehrerer Beobachtungsstudien wurden in stationären Pflegeinrichtungen Daten zur Arzneimitteltherapie-Sicherheit (z.B. Anzahl der eingenommenen (potentiell ungeeigneten) Medikamente, Anzahl von UAWs) analysiert und Risikofaktoren für das Auftreten von UAWs ermittelt. Bei einem Großteil der Heimbewohner lag eine Polypharmazie (Einnahme von mehr als 5 Medikamenten) vor. Die Anzahl der eingenommenen Medikamente und die Gabe von Antidementiva und Neuroleptika waren unabhängige Risikofaktoren für das Auftreten von UAWs. Die beobachteten Nebenwirkungen manifestierten sich häufig als Stürze oder als Ereignisse im zentralnervösen, gastrointestinalen und kardiovaskulären Bereich. Ein wesentlicher Teil der UAWs, insbesondere Stürze und zentralnervöse Ereignisse (z.B. übermäßige Sedierung), wurden als vermeidbar eingeschätzt. Aktuelle Studiendaten aus deutschen Pflegeinrichtungen belegen die Relevanz von Polypharmazie für das Auftreten von Nebenwirkungen. Ziel muss es sein, durch die Entwicklung von Interventionsstrategien die Rate vermeidbarer Nebenwirkungen bei älteren Menschen weiter zu reduzieren.