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DOI: 10.1055/s-0030-1265492
Primary palliative care – große Bedeutung und erheblicher Entwicklungsbedarf
Fragestellung: Schätzungsweise 10% aller Schwerstkranken und Sterbenden benötigen eine Form der spezialisierten Palliativversorgung. Der weitaus größte Teil der Menschen in der letzten Lebensphase kann hingegen im Rahmen der allgemeinen Palliativversorgung betreut werden. Hier spielt die Primärversorgung durch Hausärzte und ambulante Pflegedienste eine entscheidende Rolle (primary palliative care). Ziel dieses Beitrages ist es, eine aktuelle Positionsbestimmung aus der Perspektive von primary palliative care vorzunehmen.
Methodik: Vorgestellt und diskutiert werden Ergebnisse selektiver Literaturecherchen und eigener qualitativer und quantitativer empirischer Arbeiten.
Ergebnis: Hausärzte sind für die Patienten und Angehörigen die zentralen Ansprechpartner im Gesundheitssystem. Die Aufrechterhaltung der Kontinuität der Versorgung und die Betreuung in der letzten Lebensphase gehören zum Selbstverständnis hausärztlicher Tätigkeit. Allerdings mangelt es der Primärversorgung von Schwerstkranken und Sterbenden durch Hausärzte und ambulante Pflegedienste vielfach an hinreichender Unterstützung und förderlichen Rahmenbedingungen. Dies zeigt sich nicht nur in den Vergütungssystemen (z.B. inadäquate Abbildung von wiederholten, aufwendigen Hausbesuchen und Gesprächsleistungen), sondern auch in einer insgesamt eher geringen Wertschätzung. In dieser Situation empfinden es Hausärzte als Dysbalance, dass zwar die spezialisierte ambulante Palliativversorgung in Öffentlichkeit, Fachkreisen und Politik mittlerweile erheblich gefördert wird, nicht aber die allgemeine Palliativversorgung.
Schlussfolgerung: Um die Versorgung von Menschen in der letzten Lebensphase auf allen Ebenen und in der Breite zu verbessern, ist es erforderlich, parallel zur spezialisierten Palliativversorgung auch das Feld von primary palliative care auf akademischer und praktischer Ebene weiterzuentwickeln. Dazu gehört u.a. eine entsprechende Strukturbildung in Forschung, Lehre und Praxis.