Zeitschrift für Palliativmedizin 2010; 11 - D5_1
DOI: 10.1055/s-0030-1265315

Lebenssinn – Inhalte und empirische Ergebnisse

M Fegg 1
  • 1Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin (IZP) der Ludwig-Maximilians-Universität München, München, Germany

Fragestellung: Gerade am Lebensende stellen sich viele Menschen die Frage nach dem Lebenssinn. Zur Erfassung dieses hochindividuellen Konstruktes wurde das Schedule for Meaning in Life Evaluation (SMiLE) entwickelt und international erprobt. Dieser patientenbezogene Ansatz und seine klinische Anwendung werden erläutert sowie Untersuchungsergebnisse vorgestellt und diskutiert.

Methode: Im SMiLE werden die Patienten gebeten, 3–7 sinnstiftende Bereiche anzugeben. Jeder Bereich wird in Bezug auf Wichtigkeit und gegenwärtige Zufriedenheit eingeschätzt. Daraus werden ein Wichtigkeitsindex (20–100), ein Zufriedenheitsindex (0–100) sowie ein Index der gewichteten Zufriedenheit (SMiLE-Index, 0–100) errechnet. Die angegebenen Lebenssinnbereiche können 13 Kategorien zugeordnet werden, die in einer Repräsentativerhebung zum Lebenssinn in Deutschland (n=1004) gefunden wurden.

Ergebnisse: Palliativpatienten (n=100) nannten durchschnittlich 5,3±1,6 sinnstiftende Bereiche. Die Zufriedenheit betrug 70,2±19,7, die Wichtigkeit 84,7±11,5 und die gewichtete Zufriedenheit 72,0±19,4. Die repräsentative Stichprobe zeigte eine höhere Zufriedenheit (82,8±14,7; p<0,001) und gewichtete Zufriedenheit (83,3±14,8; p<0,001), unterschied sich jedoch nicht hinsichtlich der Wichtigkeit (85,6±12,3; ns). Insgesamt nannten Palliativpatienten mehr sinnstiftende Bereiche als die Normalbevölkerung (3,8±1,4; p<0,001). Insbesondere Partnerschaft, Freunde, Freizeit, Spiritualität, Natur/Tiere und Wohlbefinden wurden häufiger genannt.

Diskussion: Mehrere Untersuchungen haben gezeigt, dass Sinnverlust eine der Hauptursachen für den Wunsch nach aktiver Sterbehilfe ist. Mit dem SMiLE kann Lebenssinn valide erfasst und besonders beeinträchtigte Patienten identifiziert werden. Neuere therapeutische Verfahren sind nötig, um Palliativpatienten zu unterstützen, ihren Lebenssinn soweit möglich aufrechtzuerhalten bzw. wiederzugewinnen.