Z Gastroenterol 2010; 48 - P272
DOI: 10.1055/s-0030-1263712

Herzratenvariabilität bei psychosomatischen Störungen: Reizdarmsyndrom versus Anorexia nervosa

N Mazurak 1, E Muth 2, BM Herbert 1, M Teufel 1, S Zipfel 1, P Enck 1
  • 1Innere Medizin VI, Uni Tübingen, Psychosomatik, Tübingen, Germany
  • 2Clemson University, Psychology, Clemson, United States

Die Analyse der Herzratevariabilität (HRV) wird zur Zeit als eine wichtige nicht-invasive Untersuchungsmethode der Funktion des autonomen Nervensystems (ANS) betrachtet, aber die publizierten Daten sind für verschiedene Patientengruppen oft widersprüchlich.

Methoden: Wir untersuchten die HRV bei 21 Patientinnen mit Reizdarmsydrom (RDS), bei 21 Patientinnen mit Anorexia nervosa (AN), und bei 42 gesunden Probandinnen, von denen jeweils 21den AN und den RDS-Patienten – unter Berücksichtigung von Alter und Body-Mass-Index (BMI) – zugeordnet wurden. Die Untersuchung erfolgte mithilfe des „TaskForce Monitor“ (CNS Systems, Graz, Österreich) unter Ruhebedingung (liegend) vor und nach verschiedenen Belastungstests (metronomische Atmen, Valsalva Test, Stroop Test, Rechentest und Tilt-Test). Für die Analyse der HRV wurden die Ruheperioden auf Artefakte hin untersucht und korrigiert. Für insgesamt 840 Perioden wurden spektrale Parameter (Interbeat Interval (IBI), MSD, High Frequency Power, Goldberger Dimension, Atemfrequenz) berechnet und mittels ANCOVAs und MANCOVAs zwischen den Gruppen verglichen.

Ergebnisse: Patientinnen mit RDS hatten eine signifikant niedrigere Atemfrequenz als gesunde Probandinnen (12,6±0,56 cpm vs. 14,41±0,56 cpm, p=0,027) unter Berücksichtigung von Alter und BMI als Kovariate. Patientinnen mit AN hatten ein signifikant längeres IBI als gesunde Probandinnen (1023,9±141,1ms vs. 892,5±113,9ms, p=0,008) unter Berücksichtigung des BMI. Alle anderen Maße waren nicht unterschiedlichen zwischen den Patientengruppen und ihren Kontrollen. Die beiden Kontrollgruppen unterschieden sich in keinem der Maße, wenn Alter und BMI statistisch einbezogen wurden.

Schlussfolgerungen: Die in der Literatur oft berichteten krankheitspezifischen Änderungen des ANS bei RDS and AN sind hinreichend durch Alter und BMI erklärbar und nicht spezifisch für die Erkrankungen. Es ist möglich, dass die Änderungen der HRV-Parameter, die in diesen Studien beobachtet wurden, weniger krankheitsspezifisch sondern syndromspezifisch sind, da beide Krankheitsbilder viele Gemeinsamkeiten aufweisen.