B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2010; 26(5): 240
DOI: 10.1055/s-0030-1262570
WISSENSCHAFT

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Arbeitswelt und Gesellschaft – psychische Gesundheitsprobleme im Wandel

W. Koletzko1
  • 1DAK – Unternehmen Leben, Hamburg
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Publication Date:
26 October 2010 (online)

Psychische bzw. psychosomatische Erkrankungen sind auf dem Weg, zur häufigsten Ursache von lang andauernder Arbeitsunfähigkeit (AU) zu werden. Das stellt die sozialen Sicherungssysteme, aber auch Arbeitgeber vor große Probleme.

Nach epidemiologischen Studien gehören psychische Erkrankungen zu den häufigsten und auch kostenintensivsten Erkrankungen. Deren gestiegene Bedeutung hat die DAK in ihren Gesundheitsreporten 2002 und 2005 speziell berücksichtigt.

Psychische Erkrankungen stehen hinsichtlich der Fehl- und Arbeitsunfähigkeitszeiten an 4. Stelle der wichtigsten Krankheitsarten. Ihr Anteil am Gesamtkrankenstand ist im Jahr 2009 im Vergleich zum Vorjahr um 0,2 Prozentpunkte gestiegen (2008: 10,6 %). Das beinhaltet einen Anstieg der AU-Tage und der AU-Fälle in Höhe von 4,8 %, die damit gegenüber 2008 um rund 4 % höher liegen (2008: 4,6 Erkrankungsfälle). Die durchschnittliche Erkrankungsdauer mit aktuell 28,0 Tagen hat sich im Vergleich zum Vorjahr lediglich um gut 2 % erhöht.

Der Anteil der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen betrug im Jahr 2009 10,8 %. Sie machten bei Frauen 13,2 % und bei Männern 8,8 % des AU-Volumens aus.

Die Angst um den Arbeitsplatz, die massiv zunehmende Arbeitsbelastung, der Verlust der Mitarbeitersolidarität sowie die Angst, unter steigendem Leistungsdruck zu versagen oder krank zu werden, sind die wichtigsten arbeitsbedingten Faktoren für die Genese psychischer Erkrankungen. Daraus können belastende und krank machende Arbeitsbelastungen (z. B. Stressbelastungen) entstehen, die zu einem Anstieg des Krankenstandes führen.

Verzögerte (Re-)Integration in Arbeit, Beruf und Gesellschaft vermehren das Leid der Betroffenen, und es entstehen der Solidargemeinschaft vermeidbare Folgekosten.

Viele Arbeitgeber stehen bei fortschreitender Verknappung der Ressourcen verstärkt unter Wettbewerbsdruck. In der Folge kommt es zu Arbeitsverdichtungen, zu Rationalisierungen und auch zu Personalabbau. In den letzten Jahren haben sich viele Unternehmen insbesondere hinsichtlich der anstehenden demografischen Entwicklung verstärkt des Themas Krankenstand angenommen. Insbesondere dem Zusammenhang von Arbeitsmotivation und Betriebsklima in Bezug auf das Arbeitsunfähigkeitsgeschehen wird im Rahmen eines betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) Rechnung getragen. Dessen systematische Umsetzung wird in Unternehmen zur Senkung des Krankenstandes beitragen.

Neben den bereits genannten Fehlzeiten ist ein dramatisch ansteigender Anteil der Frühberentungen wegen psychischer Erkrankungen zu beobachten. Waren es im Jahr 2002 noch ca. 20 % (Männer) bzw. ca. 32 % (Frauen), die wegen psychischer Erkrankungen den frühzeitigen Rentenzugang / eine Erwerbsminderungsrente beantragten, sind es im Jahr 2008 bereits ca. 30 % bei Männern und ca. 42 % bei Frauen.

Die Leistungsträger sind deshalb gefordert, der drohenden Entwicklung entgegenzutreten und ihre Leistungen und Maßnahmen koordiniert zu erbringen.

Die DAK hat ihr AU-Fall-Management im Jahr 2000 implementiert. Wesentliches Ziel ist dabei die rasche Wiedereingliederung der arbeitsunfähigen Versicherten. Die frühzeitige und gezielte Inanspruchnahme von medizinischen Hilfen gelingt häufig nicht optimal. Oft äußern sich psychische Störungen und psychosomatische Erkrankungen sowie körperliche Krankheiten zunächst nicht offen und werden deshalb gar nicht oder erst spät erkannt. Damit entstehen Probleme im sozialen Umfeld und am Arbeitsplatz. Zusammen mit Arbeitslosigkeit manifestieren sich diese Erkrankungen häufiger.

Neben den steigenden hohen Kosten für die Solidargemeinschaft ist von besonderer Bedeutung, dass diese Erkrankungen oft erst spät erkannt werden. Die daraus resultierenden Chronifizierungsprozesse beeinträchtigen die Erfolgschancen einer adäquaten Behandlung erheblich.

Die DAK hat darauf reagiert und mit ihrem PsyCaseManagement innerhalb des bestehenden Versorgungsmanagements die Voraussetzungen für eine andere Entwicklung geschaffen. Dafür wurden 600 Gesundheitsberater speziell ausgebildet. Sie erhielten neben den bereits bestehenden Kenntnissen über das Sozialversicherungsrecht und angrenzende Rechtsgebiete Grundlagenkenntnisse über Hintergründe, Entstehung und Behandlungsmöglichkeiten psychischer Erkrankungen. Außerdem wurden sie in „Motivierender Gesprächsführung“ geschult. In Zusammenarbeit mit den betroffenen Versicherten und ihren Behandlern, ggf. dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), sollen sie die Versicherten auf dem Weg einer raschen Wiedereingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft unterstützen. Zugleich sind sie Ansprechpartner für Betriebe in Bezug auf betriebliches Eingliederungs-Management im Allgemeinen und für Rehabilitations- und Integrationsmaßnahmen im besonderen Eingliederungsfall.

Online zu finden unter http://dx.doi.org/10.1055/s-0029-1262570

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