Klin Padiatr 2010; 222 - Pflege_PO_8
DOI: 10.1055/s-0030-1261655

Anreicherung von Muttermilch: Ist die unmittelbare Anreicherung besser verträglich?

T Otto 1, R Hanusch 1, B Rothe 1, B Eger 1, J Weichsel 1, W Burkhardt 1, M Rüdiger 1
  • 1Neonatologie & Pädiatrische Intensivmedizin am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden

Hintergrund: Bei der Muttermilchernährung von Frühgeborenen ist die Anreicherung mit so genannten Fortifiern empfohlen. Ziel ist es, ein extrauterines Wachstum zu erreichen, welches dem intrauterinen fetalen Wachstum annähernd entspricht. In der klinischen Praxis wird der notwendige Zusatz von Fortifiern oft reduziert oder abgesetzt. Denn im Vergleich zu Frühgeborenen-Formula oder Muttermilch (MM) wird unter Anreicherung in der pflegerischen Beobachtung immer wieder von damit einhergehender Obstipation und abdomineller Symptomatik (z.B. geblähtes Abdomen) berichtet.

In vielen Einrichtungen wird die komplette Milchmenge für die nächsten 24 Stunden einmal täglich angereichert. In der Packungsbeilage der Fortifier wird eine Anreicherung jedoch unmittelbar vor der Nahrungsgabe empfohlen. Ob diese vorzeitige Anreicherung der Muttermilch, welche mit größerem zeitlichen Abstand zur Nahrungsgabe erfolgt, für die Unverträglichkeit verantwortlich ist, wird derzeit diskutiert. Fragestellung: Führt die unmittelbare Anreicherung der Muttermilch direkt vor der Verfütterung zu einer besseren Nahrungsverträglichkeit als eine vorzeitige Anreicherung?

Methodik: Zunächst erfolgte eine Anwendungsbeobachtung. Die anschließende kleine Pilotstudie wurde mit dem Ziel durchgeführt, die Grundlagen für eine randomisierte, prospektive Studie zu legen. In der Pilotstudie erhielten Frühgeborene (GA <34 SSW), die voll enteral ausschließlich mit MM ernährt wurden, eine Anreicherung mit 5% FMS. Hierbei wurde für eine Woche in der Milchküche (I) für den 24-Stunden-Bedarf angereichert. Eine weitere Woche wurde direkt (II) vor der Verfütterung (max. 30min.) angereichert. Die Wirkung der beiden Anreicherungsformen auf die Stuhlfrequenz, Stuhlkonsistenz, spontane oder assistierte Stuhlentleerung und den abdominellen Aspekt wurde für jede Schicht (3x/d) und die Gewichtszunahme täglich protokolliert und ausgewertet. Ergebnisse: Während der Anwendungsbeobachtung erwies sich die direkte Anreicherung als praktikabel. Subjektiv erschienen die Verträglichkeit der direkt angereicherten Muttermilch deutlich besser. Um diesen Eindruck zu objektivieren, wurde die Pilotstudie gestartet. Derzeit wurden bereits 10 Frühgeborene eingeschlossen. Zwischen beiden Anreicherungsformen ergab sich kein Unterschied hinsichtlich der täglichen Flüssigkeits- (I. 150±11/II 153±14ml/kg/d) und Energiemenge (I. 127±10/II. 130±9kcal/kg/d). Die unmittelbare Anreicherung (II) führt zu einer tendenziell höheren Stuhlfrequenz (II. 2,5/d±0,5/I. 2/d±0,3) und tendenziell mehr spontanen Stühlen insgesamt (II. 82%±14/I. 74%±11). Bezüglich des abdominellen Aspektes ergab sich kein Unterschied. Diskussion: Die noch andauernde Pilotstudie legt die Grundlagen für eine randomisierte Studie zum Vergleich von vorzeitig bzw. unmittelbar angereicherter Nahrung. Für eine direkte Anreicherung ist jedoch eine praktikable Portionierung der Fortifier insbesondere für extreme Frühgeborene nötig. Vielleicht kann die direkte Anreicherung helfen, die Nahrungsverträglichkeit und damit das Wachstum bei extremen Frühgeborenen zu verbessern.