Klin Padiatr 2010; 222 - Pflege_PO_1
DOI: 10.1055/s-0030-1261649

Neonatale intrazerebrale Blutung als Initialsymptom einer Gliomatosis cerebri WHO III – neurologisches Outcome nach partieller Hemisphärektomie

A Wacker 1, F Neunhoeffer 2, HG Scheel- Walter 2, J Schittenhelm 3, BE Will 4
  • 1Neonatologie, Universitätsklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Tübingen
  • 2Universitätsklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Tübingen
  • 3Institut für Hirnforschung, Tübingen
  • 4Neurochirugie, Tübingen

Einleitung: Anaplastische Astrozytome im Neonatalalter sind eine Rarität. Im Neugeborenenalter handelt es sich überwiegend um neuroektodermale ZNS-Tumoren. Fallbericht: Wir berichten über ein weibliches, reifes, eutrophes Neugeborenes (Geburtsgewicht 3600g (P 90), Kopfumfang 35cm (P 95), APGAR 9/10/10), das am 2. Lebenstag durch eine links parieto-occipitale, nur teilweise geronnene intrazerebrale Blutung mit extrem raumfordernder Wirkung und lateraler, sowie axialer Einklemmung auffiel. Die Blutung wurde mittels osteoplastischer Trepanation ausgeräumt. Histologisch zeigten sich eingeblutete Anteile eines anaplastisches Astrozytoms WHO Grad III, makroskopisch fiel jedoch kein Tumor auf. Die postoperative Magnetresonanztomografie (MRT) ergab weiterhin keinen Tumor. Erst die MRT Verlaufskontrolle nach 6 Wochen zeigte einen malignen Tumor mit einer Ausdehnung von 4×4cm im Bereich der Blutung. Ein weiteres therapeutisches Vorgehen wurde von den Eltern abgelehnt. Das Kind wurde sodann wieder im Alter von 11 Monaten in erstaunlich gutem Zustand vorgestellt. Es zeigte sich lediglich eine armbetonte rechtsseitige Hemiparese, eine Hemianopsie rechts sowie ein intermittierender Strabismus convergens alternans. Bei diesem guten klinischen Zustand entschied man sich nun gemeinsam mit den Eltern zur partiellen Hemisphärektomie. Diese ausgedehnte Operation war aufgrund der Tumorausdehnung über den Temporal-, Parietal- und Occipitallappen notwendig. Es handelt sich definitionsgemäß um eine Gliomatosis cerebri WHO III. Postoperativ zeigten sich keine weiteren neurologischen Ausfälle bis auf eine passagere zentrale Regulationsstörung. Eine anschließende Chemotherapie analog des HIT SKK 2000 Protokolls wurde eingeleitet. In der MRT-Verlaufskontrolle konnte auch nach 2 Jahren kein Rezidivtumor nachgewiesen werden. Schlussfolgerung: Nach unserem Wissen ist dies ein seltener Fallbericht eines ausgedehnten konnatalen anaplastischen Astrozytoms WHO Grad III, welches nach partieller Hemisphärektomie und adjuvanter Chemotherapie ein sehr gutes klinisch-neurologisches Langzeit Outcome zeigte.