Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_174
DOI: 10.1055/s-0030-1261641

Stand des Pulsoximetrie-Screenings (POS) zur Erkennung kritischer angeborener Herzfehler (kAHF) beim Neugeborenen (NG) in Deutschland – Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage

FT Riede 1, A Möckel 2, I Dähnert 1, P Schneider 1
  • 1Klinik für Kinderkardiologie, Herzzentrum der Universität Leipzig, Leipzig
  • 2Kinderklinik, HELIOS Klinik Borna, Borna

Einleitung: Das POS wurde als einfache, nicht invasive, kostengünstige Methode vorgeschlagen, die in Ergänzung zur Pränataldiagnostik und zur postnatalen klinischen Überwachung/Untersuchung die Erkennung von NG mit kAHF erheblich verbessern kann. Bisher besteht unseres Wissens lediglich für Sachsen eine Empfehlung zur Implementierung des POS in die Routineversorgung von NG. Daten zur Anwendung des POS in Deutschland liegen bisher nicht vor. Methodik: Im Dezember 2009 wurde an alle geburtshilflichen Einrichtungen (GE) in Deutschland, die mithilfe einer öffentlich zugänglichen Adressensammlung identifiziert werden konnten (n=890), ein Fragebogen mit 14 Fragen zur Struktur der Einrichtung sowie zur Anwendung/zu organisatorischen Aspekten des POS versandt. Ergebnisse: 248 Fragebögen (28%) wurden zurückgesandt. In 113 GE (46%) wird das POS seit ≤1 Jahr (n=22), >1–3 Jahren (n=42), >3–5 Jahren (n=31) oder >5 Jahren (n=6) (keine Angabe (k.A.) n=12) regelmäßig angewendet. 20 GE (8%) gaben an, das POS gelegentlich durchzuführen und in 30 GE (12%) ist eine Einführung geplant. In den GE mit fest etabliertem POS (GE-POS) findet die Messung im Alter von <6h (n=16; 14%), 6–12h (n=14; 12%), 12–24h (n=14; 12%), >24h (n=46; 41%) bzw. in unterschiedlichen Altersbereichen (n=19; 17%) (k.A. n=4; 4%) statt und wird von Pflegepersonal (n=85; 75%) oder Pflegepersonal und Pädiater (n=17; 15%) durchgeführt. Das POS wird an den unteren (n=63; 56%), den oberen (n=11; 10%) oder vergleichend an oberen und unteren Extremitäten vorgenommen (n=34; 30%) (keine Festlegung n=3, k.A. n=2). Median und Modalwert der Sauerstoffsättigung, ab der das POS als auffällig bewertet wird, liegen bei 95% (80–97%). 12 GE-POS gaben an, aufgrund zu kurzer Laufzeit/bisher zu geringer Anzahl untersuchter NG die Ergebnisse noch nicht beurteilen zu können (k.A. n=5). Alle anderen GE-POS (n=96, 85%) schätzen die Methode als sinnvoll zur Erkennung von NG mit kAHF ein (nicht sinnvoll; n=0). Die Frage, ob die zuständigen Fachgesellschaften eine Empfehlung zur generellen Einführung des POS aussprechen sollten, wurde von 132 GE (53%) mit „ja“, von 14 GE mit „nein“ (6%) und von 94 (38%) mit „eventuell nach weiteren Studien“ beantwortet (k.A. n=8; 3%). Zur Organisation des POS sind/wären nach Einschätzung von 49 GE (20%) keine klinikübergreifenden Maßnahmen erforderlich. Eine gesetzliche Basis, zentrale Erfassung und/oder Qualitätssicherung werden von 62 (25%), 78 (31%) bzw. 146 (59%) GE für notwendig erachtet (k.A. n=6). Diskussion: Das POS hat in Deutschland eine erstaunliche Verbreitung gefunden. Die bisherigen Erfahrungen mit der Methode werden als sehr positiv eingeschätzt. Unterschiede in der Durchführung bestehen vor allem bezüglich des Zeitpunkts und dem Ort der Messung. Hieraus und aus den Einschätzungen der befragten GE bezüglich organisatorischer Maßnahmen lässt sich weiterer Diskussionsbedarf ableiten. Die bisher zum POS veröffentlichten Daten bieten hierfür eine breite Grundlage.