Hintergrund: Das ARDS besitzt unverändert eine hohe Letalität von 40%. Auch durch adjuvante Beatmungskonzepte
(NO, Surfactant, ECMO) hat sich die Prognose nicht wesentlich verbessert. Ein ARDS
auf der Grundlage einer saisonalen Influenza bei EBV-Ko-oder Superinfektion im Kleinkindalter
stellt eine besondere therapeutische Herausforderung dar. Fallbericht: Ein knapp 5 Jahre alter Junge mit bekanntem frühkindlichen Asthma bronchiale und rezidivierenden
Pneumonien und Bronchitiden wurde mit akuter Infektion der Luftwege von einem anderen
Krankenhaus bei klinischer Verschlechterung verlegt. Trotz vor Monaten erfolgter spezifischer
Impfprophylaxe gegen die aktuelle saisonale Influenza A ließ sich in der PCR im Trachealsekret
RNA des humanen Subtyps H3N2 nachweisen. Radiologisch zeigte sich das Bild einer ausgeprägten
Atelektase der rechten Lunge, sowie ausgedehnte pneumonische Infiltrate bilateral.
Klinisch entwickelte der Patient innerhalb der ersten 12 Stunden ein respiratorisches
Versagen mit Hyperkapnie. Der Versuch einer Nicht-Invasiven Beatmung wurde nach 3,5h
erfolglos beendet. Bei manifestem ARDS mit einem Oxygenierungsindex ((MAPx FiO2/PaO2)
× 100) von 53 und einem Horovitz-Quotienten (PaO2/FiO2) von 60mmHg erfolgte eine invasive
durckkontrollierte Beatmung unter Einsatz eines Microcuff-Tubus (5,5mm) am Servoi. Die Beatmung orientierte sich am sog. „Open-Lung“-Konzept. Durch schrittweise Erhöhung
des PEEP (maximal 18 cmH2O) und des PIP (maximal 44 cmH2O) gelang eine anhaltende
Lungeneröffnung. Unter zusätzlicher Inverse-ratio-Beatmung von 2:1 (Inspiration: Exspiration)
ließ sich bei einem PEEP von 10 cmH2O und einem PIP von 28 cmH2O ein Oxygenierungsindex
von 10 (Horovitz-Quotient: 148mmHg) erzielen. Bei dieser Druckdifferenz von 18 cmH2O
betrugen die Atemzugvolumina 5–6ml/kgKG. Durch eine intermittierende 135°-Seit-Bauchlagerung
und wiederholte Recruitment-Manöver gelang die Eröffnung dorsobasal gelegener Atelektasen.
Die vom Respirator gemessene dynamische Compliance stieg von initial 1 auf 8ml/cmH2O
am dritten Beatmungstag an. Die Entwöhnung erfolgte über eine allmähliche Reduktion
der Beatmungsparameter. Nach 10 Tagen gelang die Extubation.
Zusätzlich zum Nachweis einer Influenza A-Infektion manifestierte sich an Tag 15 eine
akute EBV-Ko-oder Superinfektion (Ant-VCA-IgM: 21 U). Diese äußerte sich zu diesem
Zeitpunkt klinisch nicht, fiel jedoch durch einen Transaminasen und LDH-Anstieg, sowie
eine Erhöhung der Lipase auf. Eine mögliche Infektionsquelle ließ sich nicht eruieren.
Diskussion: Das respiratorische Versagen im Rahmen einer akuten Influenza A-Infektion kann bei
Vorliegen von Risikofaktoren im Einzelfall einen rasch progredienten Verlauf nehmen.
Im dargestellten Fall kam es in der klinischen Stabilisierung des Jungen zu einer
frischen EBV-Infektion. Da die EBV-Infektion eine Inkubationszeit von 10–50 Tagen
aufweisen kann, bleibt retrospektiv ungeklärt, ob es sich um eine Ko-oder Superinfektion
handelte. Möglicherweise hat sie Existenz des EBV-Virus den Verlauf der Influenza
A-Infektion aggraviert. Eine solche Assoziation in Relation zu einem schwerverlaufenden
respiratorischen Versagen mit Entwicklung eines ARDS wurde in der Literatur bislang
nicht beschrieben. Fazit: Durch konsequente Umsetzung eines „Open-Lung“-Beatmungskonzeptes mit Recruitment-Manövern
kann das ARDS im Kleinkindalter erfolgreich behandelt werden.