Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_139
DOI: 10.1055/s-0030-1261606

Akute ulzero-phlegmonöse Appendizitis eines Neugeborenen

A Lakner 1, G Saur 1, M Siech 2, J Freihorst 1
  • 1Kinderklinik, Ostalb-Klinikum Aalen, Aalen
  • 2Klinik für Allgemein, Visceral, Gefäß- und Thoraxchirurgie, Ostalb-Klinikum Aalen, Aalen

Die neonatale Appendizitis ist ein sehr seltenes Krankheitsbild, nach Karaman et al. (2003) sind in der Literatur 140 Fälle beschrieben. Sie tritt sowohl als eigenständige Erkrankung auf, als auch als Komplikation einer Grunderkrankung wie zum Beispiel M. Hirschsprung, Cystische Fibrose oder inguinale Hernie. Kasuistik: Entbindung als reifes männliches Neugeborenes mittels geplanter Sectio caesarea mit einem Geburtsgewicht von 3600g, APGAR 9/10/10. Seit dem ersten Lebenstag wiederholtes Erbrechen. Im Alter von zwei Tagen Verlegung in unsere Kinderklinik in reduziertem Allgemeinzustand mit blass-grauem Hautkolorit und leichter Schreckhaftigkeit. Abdomen ausladend und gespannt, übriger Untersuchungsbefund unauffällig. CrP 0,4mg/dl, IL-6 mit >5000 pg/ml deutlich erhöht. Unter antibiotischer Behandlung und abführenden Maßnahmen zunächst Besserung des Allgemeinzustandes und des Abdominalbefundes. Am 3. Lebenstag Rötung des Abdomens supraumbilical und im Bereich der Flanken. Sonographisch weite Darmschlingen mit verdickter Darmwand, röntgenologisch in der Abdomenübersicht Spiegelbildung im rechten Mittel- und Unterbauch. Kolonkontrasteinlauf unauffällig. Bei klinischer Verschlechterung und zunehmender Ileussymptomatik Indikation zur Laparatomie gestellt. Intraoperativ fand sich eine ulzero-phlegmonöse Appendizitis mit Perforation an der Appendixbasis und Unterbauchperitonitis. Histologisch zeigte sich eine ausschließlich am unmittelbaren proximalen Absetzungsrand akzentuierte ulzero-phlegmonöse Appendizitis mit massiver Periappendizitis. Postoperativ bestand weiter eine Darmtransportstörung mit zeitweise meteoristischem Abdomen, rezidivierendem Erbrechen und fehlender spontaner Defäkation. Digital-rektal war ein sehr straffer Analsphinkter zu tasten. Unter konservativer Therapie mit mehrmals täglicher Sphinkterdehnung setzte das Neugeborene unauffälligen Muttermilch-Stuhl ab. Dabei gutes Gedeihen. Wir konnten unseren Patienten im Alter von 4 Wochen unter Beibehaltung dieser Therapie nach Hause entlassen. Eine Cystische Fibrose wurde ausgeschlossen. Bei der geplanten weiterführenden Diagnostik wurde im Alter von vier Monaten die Diagnose eines M. Hirschsprung gestellt. Wie in der Literatur beschrieben trat die Perforation an der Appendixbasis auf, außerdem fand sich eine ausgeprägte Periappendizitis. Bei dieser Konstellation muss an das Vorliegen einer Grunderkrankung gedacht werden. Bei unserem Patienten dürfte der M. Hirschsprung die Ursache der neonatalen Appendizitis gewesen sein, auch wenn intraoperativ kein Kotstau gefunden wurde. Für eine lokale Form der nekrotisierenden Enterokolitis gab es in unserem Fall anamnestisch keine Risikofaktoren.