Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_112
DOI: 10.1055/s-0030-1261579

Neonataler Lupus erythematodes bei einem Frühgeborenen mit Anti-U1-RNP-Antikörpern

H von Osten 1, N Bachmaier 1, K Kohl 2, H Küster 1, K Linnemann 1, RD Stenger 1
  • 1Kinderklinik, Ernst-Moritz-Arndt Universität, Greifswald
  • 2Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten, Greifswald

Einleitung: Der neonatale Lupus erythematodes (NLE) ist ein seltenes Alloimmunphänomen, das bei Neugeborenen auftritt, bei deren Müttern Lupus-Antikörper nachzuweisen sind. Etwa die Hälfte der Mütter ist zum Zeitpunkt der Diagnose beim Kind asymptomatisch. Zu den Symptomen des NLE gehören Hautläsionen, Herzrhythmusstörungen (v.a. AV-Blockierungen), Thrombozytopenie und eine Leberbeteiligung. Fall: Wir berichten über ein männliches Frühgeborenes von 29+5 SSW (APGAR 5/9/9, NapH 7,35), Geburtsgewicht 1050g, bei dem am 2. Lebenstag erythematöse Plaques innerhalb weniger Stunden an Beinen, Stamm und im Anogenitalbereich auftraten. Diese Läsionen zeigten über eine Woche Entzündungsaktivität, um dann im Verlauf der nächsten Wochen narbenlos abzuheilen. Eine vorübergehende Thrombozytopenie (Thrombozyten min. 125 Gpt/l) war ohne Transfusion rückläufig. Nach zwei Lebenswochen fiel eine Cholestase (Bilirubin direkt max. 14µmol/l) ohne Transaminasen-Erhöhung auf, welche über die nächsten 2 Monate unter Therapie mit Ursodeoxycholsäure langsam rückläufig war. Herzrhythmusstörungen wurden bei unserem Patienten zu keinem Zeitpunkt beobachtet. Im Rahmen der Diagnostik der Hautläsionen stellte sich bei näherer Betrachtung der Familien-Anamnese bei der Schwester der Mutter des Patienten ein Lupus erythematodes mit Vorliegen von Antiphospholipid-Antikörpern heraus. Bei der Mutter unseres Patienten war anamnestisch ein Abort bekannt, auf näheres Nachfragen gab sie an, einmal eine tiefe Beinvenenthrombose durchgemacht zu haben. In der durchgeführten Antikörper-Diagnostik fand sich bei Mutter und Kind ein hoher ANA-Titer (Mutter 1:1600, Patient 1:800), in der Differenzierung Nachweis von hochtitrigen Anti-U1RNP-Antikörpern. Weder Anti-SSA(Ro)-, Anti-SSB(La)- noch Anti-dsDNA-Antikörper waren nachweisbar. Bei der Mutter konnten wir außerdem einen Antiphospholipid -Antikörper vom Typ IgM nachweisen. Schlussfolgerungen: Aufgrund der Kinetik der diaplazentaren Antikörper-Übertragung, die in der Mitte des zweiten Trimesters beginnt und ihren Höhepunkt erst in den letzten Schwangerschaftswochen erreicht, ist die Ausbildung eines NLE bei Frühgeborenen unter 30 SSW sehr ungewöhnlich. Zusätzlich konnten wir in unserem Fall einen isolierten Anti-U1RNP-Antikörper nachweisen ohne gleichzeitigen Nachweis von Anti-dsDNA- oder vor allem SSA(Ro)- oder SSB(La)-Antikörpern. Letztere sind in über 95% aller Fälle von NLE nachweisbar. In der Literatur sind bislang nur wenige Fälle eines NLE mit Nachweis nur dieses Antikörpers beschrieben. Dieser Fall demonstriert deutlich die Wichtigkeit der sorgfältigen Familien-Anamnese in der Diagnostik neonataler Immunphänomene.