Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_111
DOI: 10.1055/s-0030-1261578

Persistierende Staphylodermie als neonatale Erstmanifestation eines Hyper-IgE-Syndroms

M Maier-Weidmann 1, A Pohl-Schickinger 1, H von Bernuth 1, B Reier 1, KU Schunck 2, J Belohradsky-Sawalle 3, E Renner 3, V Wahn 1, C Bührer 1
  • 1Charite Kliniken f. Kinderheilkunde und Kinderchirugie, Berlin
  • 2Abt. Kinder- u. Jugendmedizin Dr. Martin-Luther King, Krankenhaus im Friedrichshain, Berlin
  • 3Ludwigs Maximilians-Universität Kinderpoliklinik, München

Hintergrund: Das Hyper-IgE-Syndrom ist ein sehr seltener primärer Immundefekt, (vermutete Prävalenz<10-6), jenseits des 10. Lebensjahres charakterisiert durch hohe Serum-IgE-Werte (10fach über der altersentsprechenden Norm), rezidivierende kalte Staphylokokken-Abszesse der Haut und Pneumonien mit Pneumatozelenbildung. Wir stellen die Erstmanifestation eines Hyper-IgE-Syndroms bei einem Neonaten mit initial normalen Serum-IgE-Werten und persistierender Staphylodermie über 6 Wochen vor. Fallbericht: Ein männliches Reifgeborenes (Spontanpartus nach 38+5 SSW, GG 3130g) wurde bereits in der ersten Lebenswoche bei Staphylodermie zur i.v.-Therapie mit Cefuroxim stationär aufgenommen. Der Vater leidet an einem autosomal-dominanten Hyper-IgESyndrom mit schweren rezidivierenden Staphylodermien bei gesicherter STAT3-Mutation (c.1027G>C; V343L). Eine genetische Beratung war pränatal erfolgt. Während des ersten stationären Aufenthalts des Patienten war die initial gesehene Staphylodermie (Nachweis von Staphylococcus aureus im Abstrich einer Pustel) bei negativen IgE-Werten stark rückläufig, so dass der Patient im Alter von 4 Lebenswochen entlassen wurde. Eine Woche später erfolgte die Vorstellung des Patienten mit neu entflammter, noch stärker ausgeprägter Staphylodermie in der Notfallambulanz Es zeigte sich eine schwere Staphylodermie und ein ausgeprägtes Exanthem insbesondere des Kopfes mit disseminierten Pusteln, honiggelben Krusten, typischen retroaurikulären Fissuren sowie einen makulopapulöses Exanthem der übrigen Cutis. Nach 10 Tagen Behandlung mit i.v. Flucloxacillin und Cefotaxim sowie lokaler Desinfektion mit Octenisept kam es zum langsamen Abheilen der Effloreszenzen. Bei einem Hyper-IgE-Score von 21, einem während des stationären Aufenthalts angestiegenem auf das 4-fache der Norm angestiegenen IgE und somit wahrscheinlich vorliegendem Hyper-IgE-Syndrom wurde der Patient mit einer Cefaclor-Prophylaxe bis zum 3. Lebensmonat mit anschließender Umstellung auf Cotrimoxazol sowie Anbindung an die immunologische Sprechstunde entlassen. Eine genetische Untersuchung wurde veranlasst. Diskussion: Neonatale Erstmanifestation von Hyper-IgE-Syndromen im Sinne von papulopustulösen eruptiven Exanthemen z.T. mit retroaurikulären Fissuren sind beschrieben. Bei familiärer Belastung mit Hyper-IgE-Syndrom mit autosomal rezessiv oder dominantenVererbungsmodi, kann bei neonataler Staphylodermie die Veranlassung einer genetischen Untersuchung fühzeitig zu einer Diagnose führen und eine antibiotische Prophylaxe mit gegen Staphylokokken wirksamen Präparaten wie Cotrimoxazol, penicillasefesten Penicillinen oder oralen Cephalosporinen frühzeitig begonnen werden. Durch eine Diagnose in der Neonatalperiode mit gleichzeitigem Therapiebeginn hoffen wir insbesondere rezidivierende Pneumonien mit Staphylococcus aureus, Streptococcus pneumoniae oder Haemophilus influenzae mit nachfolgender Formierung von Pneumatozelen, die das Risiko einer Superinfektion implizieren, verhindern zu können.