Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_108
DOI: 10.1055/s-0030-1261575

Zytomegalie (CMV) – die häufigste konnatale Infektion des Neugeborenen und doch noch ohne „State of the Art“…

C Bender 1, KY Neumann 1, E Komini 1, M Enders 2, T Schwanz 3, M Henschen 1
  • 1Kinderabteilung, Städt. Kinderkrankenhaus, Villingen-Schwenningen
  • 2Rosenbergstr. 85, Labor Enders & Partner, Stuttgart
  • 3Zentralbereich für Krankenhaushygiene und Infektiologie, Universitätsklinikum Aachen, Aachen

Einleitung: Unter den konnatalen Infektionen ist die Zytomegalie bei ca. 0,6% aller Neugeborenen die häufigste. Als Folge der Infektion kann z.B. eine Taubheit oder eine mentale Entwicklungsstörung auftreten. Obwohl umfangreiche Literatur zur Zytomegalie vorliegt, gibt es keine einheitlichen Empfehlungen bezüglich Diagnostik und Therapie. Wir möchten anhand zweier Fallbeispiele die vielfältige klinische Symptomatik sowie das Vorgehen bei V.a eine konnatale CMV-Infektion erläutern.

Fallbericht: (1) Bei einem reifen eutrophen Neugeborenen waren bei perinataler Asphyxie und deshalb begonnener Hypothermie-Behandlung im Rahmen der routinemäßig durchgeführten Sonografien des Schädels sowohl intrazerebrale Verkalkungen als auch im Bereich des Foramen Monroi subependymale Zysten festgestellt worden. In den weiteren Untersuchungen fielen eine Retinitis und ein pathologischer Hörtest auf. Nachdem eine Zytomegalie gesichert worden war (Untersuchung von Serum, Urin und Liquor), wurde nach ausführlicher Aufklärung über die möglichen Nebenwirkungen eine i.v. Therapie mit Ganciclovir (GCV) begonnen. Nach 6 Wochen konnte auf eine orale Therapie mit Valganciclovir (VGCV) – für weitere 6 Wochen – umgestellt und das Kind mit wieder normalisiertem Hörtest (!) entlassen werden. (2) Ein schwer dystrophes Frühgeborenes war bei silentem CTG per Sectio geboren worden. Es waren nach Geburt außerdem eine Hepatosplenomegalie, eine Thrombozytopenie, eine Gerinnungsstörung und im Verlauf eine interstitielle Pneumonie aufgefallen. Eine vor Entlassung durchgeführte BERA war pathologisch. Auch bei diesem Kind war nach Sicherung einer CMV-Infektion eine virustatische Therapie mit GCV begonnen worden. Frühzeitig war die Therapie wegen der persistierenden Thrombozytopenie auf VGCV umgestellt worden. Weiterer Verlauf: beim ersten Kind wurde über insgesamt 24 Wochen (2 Zyklen, da wenige Wochen nach Absetzen des VGCV wieder eine deutliche Zunahme der Virusreplikation festgestellt worden war), beim zweiten über 18 ½ Wochen VGCV gegeben. Beide Kinder haben eine milde Entwicklungsstörung. Diskussion: Obwohl die klinische Symptomatik sehr unterschiedlich sein kann, war in beiden Fällen schnell an eine konnatale Zytomegalie gedacht und daher bereits frühzeitig eine Diagnostik eingeleitet worden. In beiden Fällen wurde nach Sicherung der Diagnose aufgrund der manifesten klinischen Symptomatik in Absprache mit den Eltern eine i.v. virustatische Therapie mit Ganciclovir begonnen und im weiteren Verlauf auf eine orale Therapie mit Valganciclovir umgestellt. Die Therapie mit VGCV war ebenso effektiv und bei beiden Kindern traten im Gegensatz zur Therapie mit GCV (Fall 2) keine spezifischen Nebenwirkungen auf. Die neurologischen Verlaufskontrollen beider Kinder zeigen, dass trotz wohl überlegter Entscheidung für eine virustatische Therapie Folgeschäden auftreten können. Nicht abgeschätzt werden können zum jetzigen Zeitpunkt die Langzeitfolgen der virustatischen Therapie.