Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_100
DOI: 10.1055/s-0030-1261568

Der Plethysmografie-Variabilitätsindex (PVI) als Indikator für einen intraoperativen Volumenbedarf bei Neu- und Frühgeborenen

S Bagci 1, N Müller 1, A Müller 1, P Bartmann 1, A Franz 2
  • 1Neonatologie, Zentrum f. Kinderheilkunde des Universitätsklinikum Bonn, Bonn
  • 2Neonatologie, Eberhard-Karls-Universität Universitätsklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Tübingen

Hintergrund: Blutdruck und Herzfrequenz werden intraoperativ nicht nur durch den intravasalen Volumenstatus sondern auch durch Schmerz, Narkosetiefe und Körpertemperatur beeinflusst. Der Plethysmografie-Variabilitätsindex (PVI) ermöglicht eine nicht invasive, kontinuierliche Quantifizierung der durch intrathorakale Druckschwankungen bedingten, atemabhängigen Variabilität der Pulskurve und könnte deshalb einen Volumenmangel anzeigen. Fragestellung: Zeigt der PVI bei Neu- und Frühgeborenen (NG/FG) einen intraoperativen Volumenmangel an? Methoden: Bei 32 NG/FG wurden während einer Operation mithilfe eines Radical 7.0 Pulsoximeters (Masimo) kontinuierlich die PVI-Werte aufgezeichnet. Nach Ermessen des Arztes wurden Volumengaben (VG) verabreicht. Ein „tatsächlicher“ Volumenmangel wurde definiert als Blutdruckanstieg um >10% nach VG. Bei 5 NG/FG, die keine VG erhielten, wurde der 95. Perzentilenrang aller PVI-Werte als oberer Grenzwert für den Referenzbereich ermittelt. Angaben erfolgen als Median (Min-Max). Ergebnisse: Der ermittelte PVI-Grenzwert betrug 18%. NG/FG, die intraoperativ keine VG erhielten, hatten 2,2 (0–33)% der Zeit einen PVI>18%. Bei 27 NG/FG erfolgten 111 VG. 27/111 VG erfolgten in einem Abstand von ≤3min zur vorherigen VG und wurden mit der vorherigen VG zusammengefasst. Bei 79/84 VG zeigte sich ein „tatsächlicher“ Volumenmangel. Der maximale PVI-Wert vor diesen 79 VG betrug 25 (17–37)%, nach VG fiel der PVI auf minimal 15 (7–27)% (p<0,001). Vor 72/79 VG betrug der maximale PVI>18% (Sensitivität für „tatsächlichen“ Volumenmangel: 91%). In 12/27 (44,4%) Episoden, in denen innerhalb von ≤3min erneut VG notwendig erschienen, fiel der PVI auf die erste VG nicht auf Werte ≤18% ab. Dagegen fiel der PVI in 62/79 (78,5%) Episoden, in denen für >3min keine erneute VG folgte, auf Werte ≤18% (p<0,001). Der minimale PVI-Wert nach VG war in den 27 Episoden höher als in den 79 Episoden (18 (12–29)% vs. 15 (7–28)%; p=0,001). Bei 24 weiteren Episoden, trat ein PVI>18% für 3,5 (1,1–25)min (insgesamt 113min oder 4,5% der intraoperativen Aufzeichnungszeit) auf, ohne dass der Arzt Volumen verabreichte. Während der gesamten intraoperativen Aufzeichnungszeit von 2507min, lag der PVI-Wert 1352min (53,9%) >18%. 92% der Zeit mit einem PVI>18% stand in Zusammenhang mit einer klinisch indizierten VG. Schlussfolgerung: Der PVI kann bedingt als Indikator für einen intraoperativen Volumenmangel die klinische Einschätzung ergänzen. Die Ergebnisse sind jedoch nicht geeignet, eine generelle Empfehlung zur Verwendung des PVI bei NG/FG auszusprechen. Um die Volumentherapie bei NG/FG zu verbessern, bedarf es weiterer Studien zu diesem Thema. Danksagung: Pulsoximeter und Sensoren wurden von Masimo zur Verfügung gestellt.