Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_93
DOI: 10.1055/s-0030-1261561

Mitregionales Pro-Atriales Natriuretisches Peptid (MRpro-ANP) während der postnatalen und postpartalen Adaptation

J Benzing 1, S Wellmann 2, G Szinnai 3, L Hegi 1, D Admaty 2, G Cippa 2, E Beinder 4, N Morgenthaler 5, U Haagen 5, HU Bucher 2, C Bührer 6, O Lapaire 7
  • 1Neonatologie, Universitätskinderspital beider Basel (UKBB), Basel
  • 2Neonatologie, Universitätsspital Zürich, Zürich, Schweiz
  • 3Pädiatrische Endokrinologie, Universitätsspital beider Basel (UKBB), Basel, Schweiz
  • 4Gynäkologie & Geburtshilfe, Universitätsspital Zürich, Zürich, Schweiz
  • 5B.R.A.H.M.S. AG, Henningsdorf
  • 6Neonatologie, Charité Universitätsmedizin, Berlin
  • 7Gynäkologie & Geburtshilfe, Universitätsspital Basel, Basel

Einleitung: Bei der Geburt kommt es zu einer grundlegenden Umstellung der neonatalen Kreislaufverhältnisse. Wird diese Kreislaufumstellung infolge Asphyxie, Sepsis oder aus anderen Gründen gestört, so kann dies lebensbedrohliche Konsequenzen haben. Es ist vorstellbar, dass in dieser sensiblen Phase der postnatalen Adaptation insbesondere jene Peptidhormone eine entscheidende Rolle spielen, die Intravasalvolumen und peripheren Gefäßtonus regulieren. Das Atriale Natriuretische Peptid (ANP) wirkt vasodilatativ, positiv inotrop, natriuretisch und diuretisch. Die Messung von ANP gestaltet sich indes kompliziert aufgrund seiner sehr kurzen Halbwertszeit. Das zugehörige und äquimolar gebildete Pro-Peptid, das Mitregionale Pro-Atriale Natriuretische Peptid (MRpro-ANP), ist jedoch erheblich stabiler und zuverlässig messbar. Im Rahmen einer multizentrischen Studie (NeoPep 2009) haben wir unter anderem MRpro-ANP bei Neugeborenen und ihren Müttern perinatal gemessen. Fragestellung: Welchen Einfluss haben perinatale und peripartale Faktoren, einschließlich verschiedener Geburtsmodi, auf die MRpro-ANP-Werte von Neugeborenen und ihren Müttern? Material und Methoden: Serumproben von 173 gesunden Neugeborenen (138 venöse Nabelschnurblutproben, davon 111 mit zusätzlicher arterieller Nabelschnurblutprobe und 60 mit zusätzlicher venöser Blutprobe vom 4. Lebenstag (4. LT), 35 weitere Proben vom 4. LT). 81 Serumproben von Müttern vor dem Einsetzen der Wehen und 94 vom 1. postpartalen Tag. Quantitative Bestimmung von MRpro-ANP in einem automatisierten Immunfluoreszenz-Assay (Brahms AG, Henningsdorf). Die statistische Auswertung erfolgte mittels nichtparametrischer Verfahren (Spearman, Mann-Whitney U, Kruskal-Wallis). Ergebnisse: In den gepaarten Nabelschnurblutproben zeigte sich eine starke Korrelation (Rs=0,855; p<0,0001) der MRpro-ANP-Werte. Geschlecht, intrauterine Wachstums-retardierung, vorzeitige Wehen, Geburtsmodus, Geburtsstress (Nabelschnur-pH und -BE) sowie die postnatale Primäradaptation (Apgar-Werte) zeigten keinen Einfluss auf die MRpro-ANP-Spiegel bei Geburt und am 4. LT. Hohe MRpro-ANP-Werte im Nabelschnurblut und am 4. LT korrelierten signifikant mit niedrigem Gestationsalter und Körpergewicht bei Geburt. Sowohl bei den Kindern als auch bei den Müttern lagen die postnatalen Werte deutlich über den Nabelschnurwerten (M 442 vs. 223pmol/L, p<0,0001) respektive den präpartalen Messwerten (M 84 vs. 63pmol/L, p<0,0001). Diskussion & Schlussfolgerung: Der deutliche Anstieg der MRpro-ANP-Werte nach der Geburt bei den Neugeborenen ist Folge des sinkendem Lungengefäßwiderstandes und der wachsenden Volumenbelastung des linken Vorhofs. Bei den Müttern hingegen resultiert der MRpro-ANP-Anstieg am ehesten aus dem zunehmenden intravasalen Volumen bei beginnender Rückresorption schwangerschaftsbedingter Wassereinlagerungen. Inwiefern verschiedene kindliche und mütterliche Erkrankungen inklusive Infektionen, Herzvitien und perisitierender Ductus arteriosus die MR-pro-ANP-Spiegel beeinflussen, werden weiterführende Untersuchungen ergeben.