Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_92
DOI: 10.1055/s-0030-1261560

Respiratorische Frühmorbidität bei reifen Neugeborenen nach primärer Sectio in Abhängigkeit vom Gestationsalter (37+0-41+6) und im Vergleich zur Spontangeburt: eine retrospektive Studie

F Reiterer 1, H Jasser-Nitsche 1, H Zotter 1, B Urlesberger 1, W Mueller 1
  • 1Klinische Abteilung für Neonatologie, Univ. Klinik für Kinder-und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich

Hintergrund: Die Sectiofrequenz ist in den letzten Jahren generell ansteigend. Im Zusammenhang mit einer primären Sectio wird bei reifen Neugeborenen über eine gehäufte respiratorische Morbidität berichtet. Fragestellung: Wie häufig treten definierte respiratorische Erkrankungne bei reifen Neugeborenen nach primärer Sectio in Abhängigkeit vom Gestationsalter (37+0 bis 41+6 SSW) und im Vergleich zur Spontangeburt auf. Patienten, Methode: Retrospektive Beobachtungsstudie bei reifen Neugeborenen, welche im Zeitraum 2005–2009 an der Univ. Klinik für Geburtshilfe und Gynäkologie un Graz geboren wurden. Respiratorische Morbidität wurde definiert als das Auftreten folgender Diagnosen: RDS/ARDS, Transiente Tachypnoe, Aspirationssyndrom, persisitierender pulmonaler Hypertonus und oder Pneumothorax mit der Notwendigkeit einer stationären Aufnahme auf der neonatologischen Intensivstation. Analysiert wurde das jeweilige Vorkommen dieser Diagnosen für jede wöchentliche Gestationsalter-Periode nach primärer Sectio (Gruppe A) und nach Spontangeburt (Gruppe B). Exkludiert wurden Kinder mit Zwerchfellhernie, komplexen Vitien und letalen kongenitalen Malformationen. Ergebnisse: Patienten der Gruppe A (21/1072=1,96%) hatten im Bergleich zur Gruppe B (12/8192=0,15%) eine signifikant höhere respiratorische Frühmorbidität (p<0,001, Fisher exact Test). Der Häufigkeitsgipfel der respiratorischen Morbität lag in Gruppe A bei 37 SSW (8/207=3,9%) und 38 SSW (9/494=1,8%). Nach 38 SSW war die respiratorische Morbidität deutlich geringer (2,4% versus 1,1%). Die häufigsten Diagnosen in Gruppe A waren Transiente Tachypnoe (11/21), RDS (10/21), und Pneumothorax (3/21). Respiratorische Erkrankungen nach Spontangeburt waren selten und zeigten keinen vergleichbaren Häufigkeitsgipfel. Ein RDS wurde nur bei einem Kind mit 37 SSW diagnostiziert. Diskussion, Schlussfolgerung: Die respiratorische Frühmorbidität nach primärer Sectio zeigt eine inverse Korrelation zum Gestationsalter und ist signifikant höher im Vergleich zur Spontangeburt. Fehlender physiologischer Geburtsstress in Verbindung mit einer verzögerten alveolären Flüssigkeitsresorption und einer noch ungenügenden pulmonalen Surfactantsynthese sind als kausale Faktoren in Erwägung zu ziehen und möglicherweise klinisch relevant wenn die primäre Sectio vor 39 SSW erfolgt.