Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_87
DOI: 10.1055/s-0030-1261555

Tosade-de pointes-Tachykardie bei Long-QT-Syndrom-Patienten unter Hypothermie-Behandlung

S Schäfer 1, JH Schiffmann 1
  • 1Klinikum Süd, Nürnberg Klinik für Kinder und Jugendliche, Nürnberg

Hintergrund: In Deutschland versterben jährlich zirka 100.000 Menschen an einem plötzlichen Herztod. Hauptursache sind tachykarde ventrikuläre Arrhythmien (Kammerflimmern oder Kammertachykardien). Von den reanimierten Patienten überleben 60% bis zur Klinikaufnahme. Für eine Verbesserung des neurologischen Outcomes dieser Patienten soll nach den Empfehlungen des International Liaison Committee on Resuscitation die Körpertemperatur schnellstmöglich auf 32–34°C abgekühlt und diese Temperatur für 12–24 Stunden aufrechterhalten werden. In Studien konnte für Erwachsene gezeigt werden, dass die milde Hypothermie-Therapie eine sichere Behandlungsform darstellt. Als seltene Komplikationen der milden Hypothermie sind erhöhte Raten an Infektionen, kardiovaskuläre Instabilität, Koagulopathien, Hyperglykämien und Verschiebungen der Serumelektrolyte zu beachten. Bei 5–10% der Betroffenen mit überlebtem plötzlichem Herztod können keine ursächlichen strukturellen Herzerkrankungen erfasst werden. Zu dieser Gruppe gehören genetisch bedingte Arrhythmie-Syndrome, wie das Long-QT-Syndrom (LQTS). Eine erniedrigte Körpertemperatur konnte als Risikofaktor für eine verlängerte QTc-Zeit beobachtet werden. Aktuell existieren keine Studienergebnisse in denen das Risiko für Arrhythmien unter therapeutischer Hypothermie für LQTS-Patienten untersucht wurde. Fallvorstellung: Wir berichten über einen 7-jährigen Jungen, der nach dokumentiertem Kammerflimmern erfolgreich reanimiert wurde. Bei der stationären Aufnahme und im Verlauf bestand zunächst ein stabiler Sinusrhythmus. Zirka 36 Stunden nach Beginn der Hypothermie-Therapie wurde eine Torsades-de-Pointes-Tachyarrhythmie für ca. 10 Sekunden mit Degeneration in Kammerflattern für 1,5 Minuten und spontanem Sistieren beobachtet. Im weiteren Verlauf traten keine erneuten Arrhythmien auf. Bei Aufnahme und im Verlauf zeigte sich im EKG eine verlängerte QTc-Zeit von 560msec. Der Verdacht auf ein Long-QT-Syndrom konnte molekulargenetisch gesichert werden. Diskussion: Aufgrund unserer Fallbeschreibung stellt sich die Frage ob eine Hypothermie für LQTS-Patienten nach einer erfolgreichen Wiederbelebung infolge von Kammerflimmern uneingeschränkt empfohlen werden kann. Als Risikostratefizierung könnte eine EKG-Auswertung mit Bestimmung der QTc-Zeit zur Diagnose eines LQTS dienen