Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_86
DOI: 10.1055/s-0030-1261554

Subkutane Fettgewebsnekrose eines Neugeborenen mit schwerer perinataler Asphyxie nach milder systemischer Hypothermiebehandlung

R Polanetz 1, F Wagner 2, T Herzinger 3, A Holzinger 1
  • 1Neonatologie, Kinderklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital der Ludwig-Maximilians-Universität, München
  • 2Kinderchirurgische Klinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital der Ludwig-Maximilians-Universität, München
  • 3Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der Ludwig-Maximilians-Universität, München

Hintergrund: Die milde systemische Hypothermiebehandlung ist eine effektive Behandlungsmethode der hypoxisch-ischämischen Enzephalopathie Neugeborener. Unmittelbare Nebenwirkungen sind nicht bekannt. Die subkutane Fettgewebsnekrose ist eine seltene Erkrankung der ersten Lebenswochen, die bisher nicht mit therapeutischer Hypothermie in Beziehung gebracht wurde. Gelegentlich kommt es zur Entwicklung einer lebensbedrohlichen Hyperkalzämie. Die Pathogenese der Fettgewebsnekrose ist unbekannt, vielfach finden sich anamnestisch aber fetaler Stress oder perinatale Asphyxie. Präsentation und Verlauf: Ein reifes Neugeborenes wurde nach silentem CTG durch sekundäre Sectio entbunden. Bekannt waren ein insulinpflichtiger Gestationsdiabetes sowie ein Nikotinabusus der Mutter. APGAR 0/1/5, Nabelarterien-pH 6,81, BE -23 mmol/L. Nach Reanimation erfolgte der Transport in unser Zentrum. Es zeigten sich Enzephalopathie, pulmonale Hypertension, Myokardischämie, Leberischämie und Verbrauchskoagulopathie. Aufgrund einer obstruktiven hypertrophen Kardiomyopathie (diabetesbedingt) wurde bei arterieller Hypotonie ausschließlich Noradrenalin eingesetzt. Die Körperkerntemperatur wurde in der 7. Lebensstunde mit einer Kühlmatte (initial 15°C) für 72 Stunden auf 33,5°C gesenkt. Am 6. Lebenstag wurden an den auf der Kühlmatte aufliegenden Regionen (Rücken, Gesäß, Oberschenkel) unscharf begrenzte, konfluierende livid-rötliche, schmerzhafte Plaques beobachtet. Das C-reaktive Protein war konstant erhöht. Bei klinischer Diagnose einer subkutanen Fettgewebsnekrose wurde mit nicht-steroidalen Antiphlogistika, Opioidanalgetika sowie Prednisolon 2mg/kg*d behandelt. Aufgrund einer klinischen Verschlechterung und dem Verdacht auf eine bakterielle Superinfektion wurde ein steriles Punktat aus den fluktuierenden Nekrosearealen gewonnen. Des Weiteren wurde eine chirurgische Entlastung durchgeführt. Im Biopsat konnte eine subkutane Fettgewebsnekrose histologisch gesichert werden (nekrobiotische Fettgewebslobuli, Lipozyten und Makrophagen mit wetzsteinartigen Hohlräumen). Eine Hyperkalzämie in der 7. Lebenswoche blieb asymptomatisch und war wie die Effloreszenzen und die Schmerzsymptomatik rückläufig. Diskussion: Nach Hypothermiebehandlung beobachteten wir eine subkutane Fettgewebsnekrose ausschließlich an den Kontaktstellen mit der Kühlmatte. Dies kann durch die Kühlung aber auch den schwerkraftbedingten Gewebedruck mit dadurch entstehender subkutaner Minderperfusion zustande gekommen sein. Als weitere Risikofaktoren kommen Gestationsdiabetes, arterielle Hypotonie und der Einsatz von Noradrenalin in Frage. Die subkutane Fettgewebsnekrose könnte eine seltene Nebenwirkung der therapeutischen Hypothermie darstellen.