Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_67
DOI: 10.1055/s-0030-1261536

Intermittierende transpulmonale Thermodilution und kontinuierliche Pulskonturanalyse (PICCO) bei septischem Schock in Immunsuppression

T Hoppen 1, R Ferrari 1, B Olschowsky 2, C Friedland 2, T Eisenhauer 2, T Nüßlein 1
  • 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Gemeinschaftsklinikum Koblenz-Mayen Kemperhof, Koblenz
  • 2II. Medizinische Klinik, Gemeinschaftsklinikum Koblenz-Mayen Kemperhof, Koblenz

Fragestellung: Wie kann ein Hämodynamikmonitoring die Steuerung der Therapie des septischen Schocks unterstützen? Patient: 16-jähriger Patient mit großzellig anaplastischem Lymphom-Rezidiv (B-NHL, Stadium 4) entwickelt in chemotherapiebedingter Panzytopenie einen septischen Schock durch Pseudomonas aeruginosa mit dem Vollbild eines Multiorganversagens (ARDS, katecholaminpflichtige arterielle Hypotonie, capillary leakage mit Drainagen bei Perikardtamponade, Pleuraergüssen und Aszites, akutes Nieren- und Leberversagen). Methode: Die PICCO-Technologie ist eine Kombination zweier Methoden zum erweiterten hämodynamischen und volumetrischen Patientenmanagement. Über einen herkömmlichen zentralvenösen Katheter erfolgt die Bolusinjektion eines gekühlten Indikators. Die resultierende Temperaturveränderung wird mittels eines Thermistors an der Spitze des speziellen arteriellen PICCO-Katheters gemessen. Über einen Zeitraum von 30 Tagen wurden insgesamt 80 Einzelmessungen als intermittierende transpulmonale Thermodilution durchgeführt. Auf der Grundlage dieser Kalibrierungen erfolgte eine kontinuierliche Pulskonturanalyse nach festgelegtem Algorithmus. Aus der Vielzahl an Messwerten wurden folgende Kerngrößen genutzt: Herzzeitvolumen (HZV) bzw. Herzindex (HI), Schlagvolumen Variation (SVV), Systemischer Vaskulärer Widerstand (SVR) bzw. SVRI, Globales Enddiastolisches Volumen (GEDV) bzw. GEDVI und intrathorakales Blutvolumen (ITBV) bzw. ITBVI (GEDV und ITBV sind unbeeinflusst von der Beatmung und liefern somit korrekte Aussagen über den Status der Vorlast), Extravaskuläres Lungenwasser (EVLW) bzw. EVLWI und Pulmonalvaskulärer Permeabilitätsindex (PVPI) zur differenzierten Steuerung der Volumen- und Katecholamintherapie sowie der Dialysedosis.

Ergebnisse: Neben der Optimierung der Beatmung und der kalkulierten Antibiotikatherapie stand zunächst die Kreislaufstabilisierung im Vordergrund. Hierzu nutzten wir die PICCO-Methode folgendermaßen: Durch Volumen und Dobutamin/Arterenol stieg das HZV auf 7,28l/min (HI 4,3l/min/qm) bei einem RR um 135/80mmHg, einem niedrigen SVR von 747 DS/cm5 (SVRI 1262 DSm2/cm5) und einer angezielten SVV von 4–6% (hyperdynamer Kreislauf). Der ZVD lag zu diesem Zeitpunkt bei 21mmHg (PEEP der Beatmung 14 cmH2O), das GEDV als führender Vorlastparameter war hingegen erniedrigt bei 989ml (GEDVI 585ml/qm); das EVLW als Marker für ein Lungenödem zeigte sich bereits jetzt erhöht bei 982ml (EVLWI 16,4ml/kg). Trotz überwachter Volumentherapie mit einem GEDV und ITBV im Normbereich kam es zu deutlich ansteigenden EVLW-Werten. Ein massiv erhöhter PVPI dokumentierte ein Permeabilitäts-Lungenödem. So war ab dem 5. Behandlungstag eine kontinuierliche venovenöse Hämodialyse für 4 Wochen erforderlich. Die Steuerung der Dialyse wurde neben der klinischen Einschätzung (Gewichtszunahme um ca. 33%) und der Höhe der Retentionswerte durch das GEDV von 810–1646ml (GEDVI 479–974ml/qm) und EVLW von maximal 1577ml (EVLWI 26,3ml/kg; Ziel unter 10ml/kg) überwacht. Der PVPI stieg auf maximal 59,0 (Norm unter 3). Nach 25 Tagen gelang die Extubation. 6 Wochen nach Krankheitsbeginn wurde der Patient in gutem Zustand in die onkologische Einheit zur Fortsetzung der Chemotherapie verlegt.

Fazit: In der komplexen Therapie des septischen Schocks kann die kontinuierliche Einschätzung des Patientenzustandes mittels der PICCO-Technologie zusätzliche Sicherheit vermitteln.