Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_62
DOI: 10.1055/s-0030-1261531

Serratia marcescens als Ursache für eine Meningoenzephalitis mit multiplen Hirnabszessen bei einem Neugeborenem

C Merzkirch 1, C Bender 1, K Lichte 1, T Schwanz 2, L Do Duc 3, M Henschen 1
  • 1Kinderabteilung, Städt. Kinderkrankenhaus, Villingen-Schwenningen
  • 2Zentralbereich für Krankenhaushygiene und Infektiologie, Universitätsklinikum Aachen, Aachen
  • 3Klinikum Villingen-Schwenningen, Klinik für Neurochirurgie, Villingen-Schwenningen

Fallbeispiel: Wir berichten von einem männlichen Frühgeborenen der 33+6 SSW mit einem Geburtsgewicht von 2675g. Am 4. Lebenstag kam es zu einer klinischen Verschlechterung mit vermehrten Apnoen und Bradykardien. Bei septischem Hautkolorit behandelten wir es antibiotisch mit Mezlozillin und Tobramycin. Laborchemisch zeigten sich keine Entzündungszeichen und ein Keimnachweis aus der Blutkultur gelang nicht. Der AZ besserte sich unter dieser Behandlung und wir konnten es an Tag 14 nach Hause entlassen. 4 Tage danach kam es aufgrund von Schreckhaftigkeit, Trinkverweigerung und Erbrechen erneut zur Aufnahme. Bei Verdacht auf Late-Onset-Sepsis wurden eine Blutentnahme und eine Lumbalpunktion durchgeführt. Dabei zeigten sich im Liquor 890Zellen/µl, eine Glukose von 4mg/dl und ein Eiweiß von 853mg/dl, im Blut eine Leukozytose (31,4/nl) ohne CRP Erhöhung. Nach Diagnosestellung einer Meningitis begannen wir eine antibiotische Therapie mit Mezlozillin, Tobramycin und Cefotaxim. In den ersten 2 Tagen kam es zweimalig zu kurz andauernden Krampfanfällen, die spontan sistierten. Am 4. Tag wurde in der Liquorkultur Serratia marcescens nachgewiesen. Daraufhin stellten wir die antibiotische Therapie auf Meropenem um. Die Blutkultur blieb steril. In der zerebralen Sonografie ließ sich am 6. Tag nach Wiederaufnahme ein abszessverdächtiger Bezirk periventrikulär links darstellen. Im MRT-Schädel bestätigte sich dann der sonografische Verdacht: insgesamt wurden 3 Hirnabszesse, 2 links parietooccipital und einer links frontal, nachgewiesen. Am 20. Tag erfolgte bei Größenzunahme der Hirnabszesse eine Abszesspunktion über eine Bohrlochtrepanation. Außerdem wurde die antibiotische Therapie um Amikacin erweitert. Das Abszesspunktat war steril. Die antibiotische Therapie wurde für insgesamt 6 Wochen durchgeführt. Im Verlauf zeigte sich eine leichte Zunahme der Weite der inneren Liquorräume und des Kopfumfanges, die jedoch zunächst nicht behandlungsbedürftig waren. Bei einer MRT Kontrolle 4 Wochen nach Entlassung ließ sich dann ein behandlungsbedürftiger Hydrocephalus occlusus bei V.a. Aquaeductstenose nachweisen, weshalb ein ventrikulo-peritonealer Shunt angelegt wurde. Die motorische und kognitive Entwicklung des inzwischen 2 Jahre alten Kindes ist bis heute erfreulicherweise altersentsprechend. Diskussion: Serratia marcescens ist ein opportunistisches gramnegatives Stäbchen aus der Familie der Enterobacteriaceae. Serratien sind auf neonatologischen Intensivstationen gefürchtet, da sie multiple Probleme verursachen können. Hirnabszesse im Rahmen von Meningitiden sind beschrieben, jedoch selten und zeigen oft ein schlechtes Outcome. Es gibt keine einheitliche Empfehlung zur antibiotischen Therapie, aber eine Kombination aus Meropenem und Amikacin ist in der Literatur als erfolgreich beschrieben. Unser Fall zeigt wie wichtig der Versuch einer Keimisolierung (aus Blutkulturen, Liquor, etc.) als Grundlage einer erregerspezifischen Therapie ist.