Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_56
DOI: 10.1055/s-0030-1261521

Qualitätsmerkmale einer professionellen Elternberatung auf der neonatologischen Intensivmedizin

G Ehrmann 1
  • 1Deutsche Kinderhilfe e.V., Berlin

Hintergrund:

Frühgeborene bilden die größte kindliche Patientengruppe in Deutschland. Neben somatischen nehmen psychosoziale Faktoren wie die Eltern-Kind-Bindung wesentlichen Einfluss auf die Kindesentwicklung. Diese Situation erfordert stationäre Strukturen, die auch die Betreuung der betroffenen Patientenfamilien berücksichtigt. Obwohl die Notwendigkeit einer spezifischen psychosozialen Beratung für betroffene Eltern inzwischen allgemein anerkannt ist, ist sie noch nicht Bestandteil des Leistungskatalogs der GKV. Fragestellung: Um eine optimale Entwicklung der Eltern-Kind-Bindung zu fördern ist es notwendig, wesentliche Qualitätsstandards einer professionellen Elternberatung zu definieren.

  • Welche Strukturen müssen geschaffen werden, um eine Elternberatung in der Neonatologie aufzubauen?

  • Wie sollten professionelle Elternberaterinnen ausgebildet sein?

  • Welche Form der Betreuung ist für die Eltern hilfreich?

  • Welchen Nutzen bringt eine professionelle Begleitung?

Methode: Durch die langjährige professionelle Auseinandersetzung mit der psychosozialen Elternberatung und deren Weiterentwicklung im neonatologischen Bereich wurde ein breites Erfahrungswissen über notwendige besondere Anforderungen und Qualifikationen gewonnen. Mit dem Frühförderprogramm hat die Deutsche Kinderhilfe in den vergangenen zehn Jahren Maßstäbe für ein niederschwelliges stationär angesiedeltes Beratungsangebot etabliert. Ergebnisse: Die stationär angesiedelte psychosoziale Elternberatung bietet den Eltern von Anfang an unmittelbare Unterstützung an. Hauptziel ist der Aufbau einer optimalen Eltern-Kind-Bindung trotz Krisensituation und Krankenhausumgebung, die ein entscheidendes Merkmal für die gesunde Entwicklung des Kindes darstellt. Dies erfordert diverse integrative Strukturen sowie ein multidisziplinäres Zusammenarbeiten. Die Erfassung der komplexen Problematik einer Frühgeburtlichkeit setzt ein abgeschlossenes Fachhochschulstudium im pädagogischen Bereich sowie die Zusatzausbildung zum CaseManager/in voraus. Für eine optimale Integration des Kindes sind fundierte Kenntnisse im psychologischen, pädagogischen und sozialrechtlichen Bereich sowie Praxiserfahrung in der Elternarbeit und soziale Netzwerkarbeit notwendig. Datenerhebungen an den Standorten der Universitätskliniken Berlin, Leipzig und München belegen sowohl den steigenden Bedarf als auch die Akzeptanz des Angebots: So wurden exemplarisch 2009 insgesamt ca. 500 Patientenfamilien während des stationären Aufenthalts ihres Kindes begleitet. Schlussfolgerung: Die psychosoziale Elternbetreuung leistet einen entscheidenden Beitrag zu langfristiger Prävention und verkürzt die Liegezeiten. Mit der steigenden Zahl der Frühgeburten pro Jahr wächst auch die Gruppe betroffener Eltern kontinuierlich und somit der Bedarf an professioneller psychosozialer Betreuung der Eltern auf der Neonatologie. Eine Standardisierung und Professionalisierung, die langfristig die Qualität der Elternbetreuung sicherstellt, ist dringend erforderlich.