Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_49
DOI: 10.1055/s-0030-1261511

Phänotypische Charakterisierung der Lungenfibroblasten aus dem Trachealaspirat von Frühgeborenen <29 vollendeten Schwangerschaftswochen

T Reicherzer 1, A Schulze 1, H Ehrhardt 1
  • 1Neonatologie der Kinderklinik am Perinatalzentrum Großhadern, LMU München, München

Hintergrund: Neben der gestörten Alveolo- und Angiogenese ist die chronische Lungenerkrankung (CLD) des Frühgeborenen histopathologisch gekennzeichnet durch eine Veränderung der extrazellulären Matrix mit diffuser Lungenfibrose. Die Funktion der Lungenfibroblasten bei der Entstehung der CLD ist nur unzureichend untersucht. Fragestellung: Welche phänotypischen Merkmale zeigen Lungenfibroblasten aus dem Trachealaspirat bei Frühgeborenen und können unterschiedliche Charakteristika als Prädiktoren für die Entstehung oder den Schweregrad der CLD verwendet werden. Material und Methoden: Aus dem Trachealaspirat von n=20 Frühgeborenen der PROTECT-Kohorte wurden während des Zeitraums der invasiven Beatmung die in vitro proliferierenden Zellen der mesenchymalen Komponente isoliert. Die Expression der Oberflächenmarker wurde mittels Durchflusszytometrie ermittelt, das Proliferations- und Apoptoseverhalten sowie das Differenzierungspotential in Zellen früher Passage in vitro untersucht und diese phänotypischen Charakteristika zu Beatmungssituation und zum Schweregrad der CLD korreliert. Ergebnisse und Diskussion: Aus dem Trachealaspirat aller untersuchten Frühgeborenen konnte während der Phase der durch die mechanische Beatmung induzierten zellulären Inflammation eine proliferative Fraktion aus der mesenchymalen Komponente isoliert werden. Diese Zellen zeigen die charakteristische Oberflächenexpression von Fibroblasten: Positivität für CD13, CD73, CD90 und CD105, kein Nachweis von CD11b, CD14, CD15, CD34, CXCR4 und Glycophorin A. Sie zeigen vergleichbar mesenchymalen Stammzellen ein identisches Potential zur Differenzierung in Osteoblasten, Adipozyten und Myofibroblasten. Während der intrinsische Weg der intrazellulären Apoptosesignaltransduktion intakt ist, zeigen die Lungenfibroblasten eine Resistenz gegenüber Apoptoseinduktion nach Stimulation des extrinsischen Signalweges, die mit einem Verlust von Caspase-8 verbunden ist. Im Gegensatz zu dem homogenen Verhalten gegenüber Apoptosesignalen zeigen die Lungenfibroblasten der verschiedenen Kinder ein heterogenes Proliferationsverhalten. Dabei ist ein hoher proliferativer Index mit einer schwierigeren und prolongierten invasiven Beatmung verbunden sowie einem im Median höheren Schweregrad der CLD. Diese Daten stehen im Gegensatz zu bisherigen Publikationen, da die Lungenfibroblasten bei allen Frühgeborenen unter invasiver mechanischer Beatmung nachweisbar sind. Vielmehr beeinflusst eine unterschiedliche Prägung offenbar das proliferative Potential und damit möglicherweise das Risiko für die Entwicklung einer CLD. Schlussfolgerung: Die proliferative Kapazität der Lungenfibroblasten ist statistisch assoziiert mit dem Verlauf der Beatmungssituation und dem Schweregrad der CLD in der hier untersuchten Kohorte Frühgeborener <29 vollendeten Schwangerschaftswochen. Das pulmonale Follow-up dieser Kohorte wird zeigen, inwiefern eine Assoziation zu der langfristigen pulmonalen Entwicklung besteht.