Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_44
DOI: 10.1055/s-0030-1261506

Hydrops fetalis –Ätiologie und Differenzialdiagnose des Hydrops am Beispiel eines Frühgeborenen der 29. SSW

N Kienle 1, C Bender 1, KY Neumann 1, K Seeborg 2, G Kerst 3, M Henschen 1
  • 1Kinderabteilung, Städt. Kinderkrankenhaus, Villingen-Schwenningen
  • 2Klinik für Frauenklinik und Geburtshilfe, Schwarzwald-Baar-Klinikum, VS-Villingen
  • 3Eberhard-Karls-Universität Universitätsklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Tübingen

Einleitung: Frühgeburt und Hydrops fetalis (HF) bedeuten für das Neugeborene eine gravierende Einschränkung der Prognose. Wir möchten anhand eines Fallbeispiels die DD und Therapie des kongenitalen Hydrops beschreiben. Fallbericht: Ein Frühgeborenes wurde in der 29. SSW per eiliger Sectio aufgrund eines fetalen Aszites und einer Tachykardie (V.a. Kammerflimmern) entbunden. Es präsentierte sich mit einem ausgeprägten Hydrops fetalis und musste primär intubiert und zunächst mit hohen Drücken beatmet werden. Die Herzfrequenz des Kindes war bei Geburt normal. Durch regelmäßige Aszitespunktionen, Flüssigkeitsrestriktion, Diuretika und Humanalbumin gelang es, innerhalb von 2 Wochen die Ödeme auszuschwemmen und das Kind von der Beatmung zu entwöhnen. Ab dem 7. Lebenstag kam es mehrmals zum Auftreten supraventrikulärer Tachykardien (am wahrscheinlichsten concealed WPW-Syndrom) mit einer HF bis 400/Min., die mit Adenosin i.v. unterbrochen werden konnten. Wir begannen eine antiarrhythmische Dauertherapie mit Propafenon. Im weiteren Verlauf traten keine Rhythmusstörungen mehr auf. Das Frühgeborene konnte nach 9 Wochen nach Hause entlassen werden. Direkt postnatal wurde eine ausführliche Diagnostik zur Klärung der Ursache des HF durchgeführt. Da sich in der zytologischen Aszites-Untersuchung eine massive Lymphozytose zeigte, wurden die Tumormarker NSE, AFP, HCG und Vanillinmandelsäure bestimmt, die alle normwertig waren. Die Immunzytologie erbrachte keinen Hinweis auf pathologische Lymphozyten im Punktat. Parvovirus B19, TORCH, EBV und kardiotrope Viren in Blut und Aszites waren nicht nachweisbar oder es bestand eine Leihimmunität. Die orientierende Stoffwechseluntersuchung war gleichfalls unauffällig. Sonstige Anomalien lagen bei dem Frühgeborenen nicht vor. Diskussion: Die Ursache eines HF ist vielfältig: sie ist zu ca. 20% kardiovaskulär und zu jeweils etwa 10% chromosomal, hämatologisch oder infektiologisch. Etwa 20% der Fälle sind idiopathisch. Andere, seltenere Ursachen sind Fehlbildungen von Thorax oder Harnwegen, fetofetale Transfusion, Fehlbildungen der Lymphgefäße, Syndrome und Stoffwechselstörungen. Ist die Genese des Hydrops kardial, können eine Rhythmusstörung, eine Kardiomyopathie oder ein angeborenes Vitium vorliegen. Das Mortalitätsrisiko bei Lebendgeborenen mit HF beträgt bis zu 60%, das höchste Risiko liegt vor bei angeborenen Anomalien und Frühgeburtlichkeit [Abrams et al, 2007, Bellini et al, 2009, Hofstaetter et al, 2006]. In unserem Fallbeispiel lag als Ursache des HF eine supraventrikuläre Tachykardie vor. Dass die Ursache des HF wie in unserem Fallbeispiel gezielt behandelt werden konnte, trägt wesentlich zum positiven Verlauf bei. Schlussfolgerung ist, dass bei Vorliegen eines HF stets eine ausführliche Diagnostik durchgeführt werden sollte, um die zugrunde liegende Erkrankung zu finden und dann gezielt zu behandeln.