Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_23
DOI: 10.1055/s-0030-1261483

Neonatale Masern bei einer Frühgeburt der 32+5 SSW

C Kutscha 1, B Hinrichs 1
  • 1Kinderabteilung, Krankenhaus Maria Hilf, Hamburg

Hintergrund: Floride Masern im Erwachsenenalter sind seit Einführung der allgemeinen Impfung und der hohen Kontagiosität ein seltenes Ereignis. Deshalb ist die Anzahl der neonatal erworbenen, von der Mutter übertragenen Maserninfektionen in der Neugeborenenperiode eine Rarität, insbesondere bei Frühgeborenen. Patient: Wir berichten über ein Frühgeborenes der 32+5. SSW einer nicht geimpften Mutter, welche im Rahmen der Hamburger Epidemie im Winter 2009 akut an Masern erkrankt war. L. wurde nach vorzeitigen Wehen spontan entbunden. Bei der Mutter bestanden zu diesem Zeitpunkt drei Tage ein Masernexanthem und Schluckbeschwerden. Mutter und Kind wurden direkt postpartal für 18 Tage getrennt. Postnatal zunächst leichtgradige Atemstörung, die auf eine CPAP- Therapie gut ansprach. Wir behandelten L. einmalig mit Hyperimmunglobulin 60mg/kg (Sandoglobin®). Am 6. Lebenstag konnte für einige Stunden ein flüchtiges, morbilliformes Exanthem beobachtet werden. Am 10. Lebenstag zweimalig, generalisierter Krampfanfall über ca. 15 Sekunden. Die daraufhin durchgeführte Sepsisdiagnostik incl. Liquorpunktion ergab keinen Hinweis auf eine bakterielle Infektion. Der weitere klinische Verlauf war bis zum 17. Lebenstag unauffällig. An diesem Tag kam es erneut zu einem Auftreten eines flüchtigen, morbilliformen Exanthems sowie zu einem trockenen Husten im Sinne einer Tracheitis. Hinweise auf eine Pneumonie fanden sich nicht. Die „Tracheitis“ besserte sich spontan, der weitere Verlauf war unkompliziert. Labor: Zur Diagnosesicherung und Verlaufkontrolle wurden umfangreiche Laboruntersuchungen sowohl bei Kind und Mutter durchgeführt. Bei der Kindsmutter Bestätigung der floriden Masern durch die Klinik als auch den Nachweis von DNA im Urin sowie der positiven IgG sowie IgM- Serologie. In der Muttermilch positive Masern- PCR während der Stillzeit. Im weiteren Verlauf konnte bei L. das Masern-Virus mittels PCR aus Mundschleimhaut, Urin und Serum nachgewiesen werden. In der Serologie, auch in Folgeuntersuchungen, kein Nachweis von Masern- IgG trotz initialer Gabe angereicherten IgG- Serums. Nachweis von Masern- IgM ab dem 13. Lebenstag. Diskussion und Schlussfolgerung: Masern in der Neonatalperiode insbesondere bei Frühgeborenen sind in Europa eine Rarität. Bei unserem kleinen Patienten traten klinische als auch laborchemische Zeichen einer akuten, prä- oder perinatal erworbenen Maserninfektion auf. Ob diese Infektion diaplazentar oder unter der Geburt übertragen wurde, lässt sich nicht sicher abgrenzen. Trotz der Gabe des angereicherten Immunglobulins konnte kein IgG im Serum des Patienten nachgewiesen werden.

Wie in der Literatur beschrieben, zeigte sich ein Exanthem am 6. LT. Die Erkrankung verlief mit den typischen Symptomen Exanthem, Tracheitis und Encephalitis. Trotz der eingeschränkten Abwehrlage bedingt durch die Frühgeburtlichkeit bestand jedoch zu keiner Zeit eine vitale Gefährdung.

Auffällig bei der Mutter war die lange Virusausscheidung über die Muttermilch über mindestens zwei Wochen. Ob die eine vorhandene Infektiosität begründet, lässt sich nicht sicher beantworten.