Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_22
DOI: 10.1055/s-0030-1261482

Sepsis durch Probiotika bei einem Frühgeborenen mit Morbus Hirschsprung

K Theiß 1, S Weber 2, D Anhalt 1, J Möller 1
  • 1Kinderklinik, Kliniken d. Stadt Saarbrücken, Saarbrücken
  • 2Mikrobiologie, Bioscientia MVZ, Saarbrücken

Hintergrund: Studien zeigen, dass die Gabe von Probiotika bei Frühgeborenen mit einer geringeren NEK Inzidenz assoziiert ist. Dabei liegt die NNT bei ca. 28 (2). Fragestellung: Kann die breite Anwendung von Probiotika unkritisch empfohlen werden? Material und Methode: Fallvorstellung.

Ergebnisse: Frühgeborenes der 31+6. SSW 1700g Geburtsgewicht. Zögerlicher Kostaufbau mit seltener Stuhlentleerung und häufigen Magenresten. Im Verlauf NEK mit Ileussymptomatik. Es wurden zwei Operationen notwendig mit Resektion des Coekalpoles unter Belassung der Bauhinschen Klappe und Anlage eines Anus praeter. Bei Verdacht auf Fehlbesiedlung des Gastrointestinaltraktes begannen wir eine Woche nach der letzten Operation eine Behandlung mit Laktobazillus (Infectodiarrstop LGG Mono). Im Verlauf kam es klinisch zu einer Sepsis mit Verschlechterung des Allgemeinzustandes, blass-marmorierten Hautkolorit, Temperaturanstieg und steigenden Entzündungszeichen. In der Blutkultur fand sich Laktobazillus Rhamnosus biochemisch identisch zu Laktobazillus Rhamnosus aus Infectodiarrhstop LGG. Unter kalkulierter Behandlung mit Ampicillin und Meropenem (letzteres nach Antibiogramm abgesetzt) besserte sich der klinische Zustand unseres Patienten. Eine Reintubation oder Katecholamingabe war nicht notwendig. In den inzwischen untersuchten Darmbiopsien fanden sich Befunde eines M. Hirschsprung. Retrospektiv kann die NEK daher als toxisches Megacolon bei M. Hirschsprung gewertet werden. Diskussion: Die beobachteten positiven Effekte von Probiotika bei Frühgeborenen können als evidenzbasiert angesehen werden. Dennoch sind Nebenwirkungen wie Bakteriämien, vor allem bei gestörtem Immunsystem, schweren gastrointestinalen Erkrankungen und Säuglingen mit ausgeprägtem Kurzdarmsyndrom (1), beschrieben und schwerwiegend. In unserem Fall stellte der M. Hirschsprung ein Risiko für eine Bakteriämie dar. Schlussfolgerung: Wir brauchen weitere randomisierte doppelblinde Studien, die die Wirksamkeit, Dosierung und Sicherheit der verschiedenen Probiotka untersuchen, um eine adäquate risk/benefit Analyse durchführen zu können.

Quellen:

1. Fachinformation – Infectodiarrstop LGG Mono Stand 05/2008

2. Mihatsch W – Probiotika bei Frühgeborenen (2008), Monatsschrift Kinderheilkunde 156:1070–1075