Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_15
DOI: 10.1055/s-0030-1261475

Östrogen und Progesteron stimulieren neonatale, aber nicht adulte T-Zellen

C Gille 1, M Siefert 1, B Spring 1, M Kipp 2, C Beyer 2, S Schultz 3, H Neubauer 3, T Orlikowsky 4, CF Poets 1
  • 1Neonatologie, Universitätsklinik Tübingen, Tübingen
  • 2Institut für Neuroanatomie, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen
  • 3Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinik Tübingen, Tübingen
  • 4Kinderklinik, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen

Hintergrund: In der Schwangerschaft ist eine Immunstimulation durch Östrogen (Östrogene oder Östradiol) (E2) und -suppression durch Progesteron (P) auf die mütterliche T-Zell-Antwort beschrieben. Welche Auswirkung die Hormone auf das neonatale Immunsystem haben ist unklar. Hypothese: Bei T-Zellen aus Erwachsenenblut (PB) und Nabelschnurblut (NSB) führt E2 in vitro in präpartalen Konzentrationen zur vermehrten, P (und E2+P) zu einer Hemmung der Monozyten-stimulierten Teilung. Methoden: Mononukleäre Zellen aus PB und NSB mit Carboxyfluoresceinsuccinimidylester (CFSE) markiert. E2 (1×10-9-1×10-7 mol/l), P (1×10-9-1×10-5 mol/l) oder E2+P (1×10-7+ 1×10-5 mol/l) wurden hinzugegeben, anti-CD3 (OKT3, 5µg/ml) zur T-Zell-Stimulation 24 Stunden später. Zellen ohne OKT und Hormome dienten als Kontrolle. Nach 24 und 48 Stunden wurde die Expression des membranständigen Interleukin-2-Rezeptors (CD25) und intrazelluläres IL-2 durchflusszytometrisch gemessen. Nach 96 Stunden erfolgte die durchflusszytometrische Analyse der Zellteilungen durch Verminderung des CFSE-Signals. Die Expression von Östrogenrezeptor alpha und -beta (ERa, -b) und Progesteronrezeptor (PR) wurden mittels rtPCR bestimmt. Ergebnisse: Die OKT3-induzierte T-Zell-Proliferation war basal im NSB geringer als im PB (33±19% vs. 78±5%, p<0,05). Ohne OKT war keine Zellteilung messbar. Durch E2 wurde die OKT3-induzierte T-Zell-Proliferation konzentrationsabhängig im NSB um 120% auf 60±27% gesteigert (p<0,05 vs. unbehandelte Kontrolle), in PB dagegen um 12% auf 68±8% vermindert (p<0,05 vs. NSB). E2 führte im Gegensatz zu PB im NSB auch ohne OKT zur T-Zell-Proliferation mit 28±9% (p<0,05 vs. unbehandelte Kontrolle). P führte in NSB konzentrationsabhängig zur Steigerung der OKT3-induzierten T-Zell-Proiferation um 44% auf 69±26% (p<0,05 vs. OKT3 allein), während diese in PB um 33% auf 43±11% gesenkt wurde (p<0,05 vs. OKT3). Die Inkubation mit P führte zur Induktion einer T-Zell-Proliferation in NSB (27±5%, p<0,05 vs. Kontrollle). E2+P führten ohne OKT zur signifikanten Erhöhung der T-Zell-Proliferation auf 55±18% (p<0,05 vs. unbehandelte Kontrolle). E2, P und E2+P führten nicht zur veränderten Expression des IL-2-R oder der Produktion von IL-2. In PB und NSB sind ERa, -b und PR auf Monozyten und T-Zellen exprimiert. Schlussfolgerung: E2 und P setzen bei neonatalen T-Zellen, jedoch nicht solche aus adultem Blut, eine spontane Proliferation in Gang, die nicht über den IL-2-Signalweg vermittelt ist und steigern die polyklonale T-Zellexpansion. Inwieweit dieser Mechanismus zur peripheren T-Zellreifung notwendig ist, muss näher untersucht werden.