Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_PO_7
DOI: 10.1055/s-0030-1261467

Epidemiologie invasiver Infektionen durch Escherichia coli bei Neugeborenen und jungen Säuglingen in Deutschland – Aktuelle Ergebnisse der laufenden ESPED-Studie

F Lander 1, B Heinrich 2, M Hufnagel 1, K Flügge 1, R von Kries 2 R Berner 1 im Namen der Studiengruppe der ESPED
  • 1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Sektion Pädiatrische Infektiologie, Immunologie und Vakzinologie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
  • 2Erfassungseinheit seltener pädiatrischer Erkrankungen (ESPED) in Deutschland, Koordinierungszentrum für Klinische Studien, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf

Hintergrund: Nach Streptokokken der Serogruppe B (GBS) gehören Escherichia coli zu den häufigsten Erregern von invasiven Infektionen bei Neugeborenen und jungen Säuglingen. Vor dem Hintergrund der zunehmend auch in Deutschland implementierten intrapartalen Antibiotika-Prophylaxe (IAP) zur Reduktion der Early-Onset-Sepsis durch GBS besteht die Sorge, dass es zu einer Zunahme an Infektionen durch E. coli– insbesondere durch Antibiotika-resistente Keime – kommen könnte. Verlässliche Daten zur Epidemiologie von invasiven neonatalen Infektionen durch E. coli in Deutschland oder zum Resistenzspektrum dieser Erreger liegen bisher nicht vor. Wir stellen aktuelle Zwischenergebnisse der seit 2008 laufenden ESPED-Studie vor im Vergleich mit parallel erhobenen Daten zu invasiven neonatalen GBS-Infektionen. Methode: Deutschlandweit wurden Erkrankungsfälle durch E. coli mit Keimnachweis in Blut oder Liquor bei Neugeborenen und Säuglingen jünger als vier Monate über das Meldesystem der ESPED im Zeitraum von Januar 2008 bis Dezember 2009 erfasst. Von den meldenden Kinderkliniken werden Daten zu Klinik und peripartaler Anamnese mittels Fragebogen erhoben. Parallel dazu werden seit Anfang 2009 über das Robert-Koch-Institut alle für Kinderkliniken relevanten mikrobiologischen Labore in Deutschland abgefragt, verbunden mit der Aufforderung isolierte Stämme zur Untersuchung einzusenden. Ergebnisse: Im Zeitraum 01/2008 bis einschließlich 12/2009 wurden insgesamt 99 Infektionen durch E. coliüber die Klinikabfrage der ESPED gemeldet. Damit beträgt die Häufigkeit etwas weniger als die Hälfte im Vergleich mit Infektionen durch GBS, entsprechend einer geschätzten Inzidenz von ca. 0,13 Fällen pro 1000 Lebendgeborenen. Von den 74 Fällen mit Angaben zum Erkrankungsbeginn manifestierten sich 32 (43%) als Early-Onset-Sepsis (EOS) mit einem Erkrankungsbeginn innerhalb der ersten sechs Lebenstage und 42 (57%) erkrankten mit einer Late-Onset-Sepsis (LOS) nach dem sechsten Lebenstag. Eine Meningitis trat in 9% der Early-Onset-Erkrankungen und in 39% der Late-Onset-Erkrankungen auf. 7 Todesfälle durch die Infektion mit E. coli wurden gemeldet. Dies entspricht einer Letalität von 7,1%, die damit im Vergleich mit invasiven Erkrankungen durch GBS (4%) etwas höher liegt. Der Anteil an Frühgeborenen mit invasiver E. coli-Infektion liegt mit knapp 60% deutlich höher als bei Infektionen durch GBS (27%). Zusammenfassung: Die Inzidenz von invasiven Infektionen durch E. coli bei Neugeborenen und jungen Säuglingen liegt geschätzt mit ca. 0,13 Fällen pro 1000 Lebendgeborenen bei etwas weniger als der Hälfte im Vergleich mit Infektionen durch GBS. Die Erkrankung tritt häufiger als Late-Onset-Disease auf; manifestiert sich jedoch im Vergleich mit GBS-Infektionen dennoch weniger oft als Meningitis. Neonatale E. coli-Infektionen betreffen zu einem hohen Anteil Frühgeborene.