Klin Padiatr 2010; 222 - DGPI_PO_44
DOI: 10.1055/s-0030-1261460

Parvo B19 Infektion und dilatative Kardiomyopathie

E Anders 1, M Wegner 1, A Findeisen 1, R Bruns 1
  • 1Kinder- und Jugendmedizin, Ernst Moritz Arndt Universität, Greifswald

Einleitung: Die Parvo B19– Virusinfektion verläuft bei der Mehrzahl der Individuen stumm. Bei symptomatischem Verlauf verursacht das Parvovirus B19 überwiegend unspezifische katarrhalische Symptome. Bei 15–20% der Erkrankten treten ein Exanthem (Ringelröteln), Arthralgien und/oder Ödemen auf. Besonders das weibliche Geschlecht ist betroffen bei der Entwicklung von Arthralgien und Arthritiden der kleinen Gelenke – der Übergang in eine chronisch rheumatoide Arthritis wird diskutiert. Bei bestehender Störung der Erythropoese jedoch manifestiert sich eine abgelaufene, primär asymptomatische Parvovirus B19 Infektion mit einer aplastischen Anämie (transient aplastic crises – TAC). Bei Blutgruppenantigen P positiven Menschen, finden sich Viren nicht nur in den Erythroblasten sondern auch an fetalen Leberzellen, Megakaryozyten, Plazenta- und Herzzellen.

Kasuistik: Wir stellen eine 15-jährige Patientin vor, die sich mit Fieber seit 3–4 Wochen und einer ausgeprägten Anämie bei uns vorstellte. Des Weiteren klagte sie über Schwindel, Schwäche, Gewichtsverlust, Bauch- und Fußschmerzen. Der klinische Untersuchungsstatus war bis auf ein blasses Hautkolorit unauffällig. Labordiagnostik: bei Aufnahme in SI-Einheiten Juli 2008:

erniedrigt: Erythrozyten 4,1, Hb 4,4, HK 0,255, MCH 1,08, MCV 72,3, MCHC 17,3, Fe 2,0, Transferrin-Sättigung 3,8, Albumin 37,8; erhöht: Thrombozyten 652, Protein (gesamt) 90, Haptoglobin 5,5, Ferritin 336, CrP 113,7, IgG 21,8, IgE 2390, alpha1-Globulin 6,9 alpha-2-Globulin 15,3, y-Globulin 27,3. BSG 1h 130; normal: Leukozyten, Diff.-BB, Retikulozyten, Elektrolyte, Glucose, Kreatinin, Harnstoff, Transaminasen, AP, y-GT, Bilirubin (gesamt), LDH, Transferrin, IgA, IgM, Tryptase, beta-Globulin, Urinstatus, Blutkultur Serologie: Streptolysintiter 971+, EBV, Parvovirus B19 IgG positiv, IgM negativ (abgelaufene Infektion), serologisch kein Anhalt für weitere Infektionen ANA 1:320+, ansonsten negative Befunde für weitere Autoantikörper Weitere Untersuchungen: zellulärer Immunstatus, Sonografie Abdomen, Szintigrafie Knochen & Nieren, KMP, gynäkologisches Konsilium, ECHO, Gastro-/Koloskopie und MRT-Sellink erbrachten Normalbefunde Verlauf: Im November 2008 erneute Aufnahme bei abnehmender Belastbarkeit und zunehmender Schwäche. Im Rö-Thorax und in der Echokardiografie zeigte sich eine dilatative Kardiomyopathie.

Eine Herzkathetheruntersuchung bestätigte die dilatative Kardiomypathie und die Myokardbiopsie erbrachte eine positive PCR für Parvovirus B19. Es erfolgte eine Herzinsuffizienztherapie mit Enalapril, Spironolacton, Carvedilol, Falithrom sowie eine immunsuppressive Therapie mit Azathioprin, Prednislondauertherapie und Prednisolonstoßtherapie. Im Jahr 2009 konnte die Prednisolondauertherapie bei klinischer Besserung abgesetzt werden. Zusammenfassung: Eine Parvovirus B19 Infektion ist in der Mehrzahl der Fälle nicht behandlungsbedürftig. Bei Manifestationen mit aplastischer Anämie sollten Organe wie Herz und Nieren grundsätzlich wegen der möglichen Viruspersistenz bzw. dem Übergang in rheumatische Systemerkrankungen mit untersucht werden. Bei einer Mitbeteiligung des Myokards profitieren die Erkrankten von einer frühzeitigen Gabe von IVIG. Die Diagnose einer Myokarditis kann mittlerweile nicht invasiv über ein Cardio-MRT gestellt werden, jedoch ist für die ätiologische Klärung der Erkrankung weiterhin eine Myokardbiopsie wichtig.