Klin Padiatr 2010; 222 - DGPI_PO_43
DOI: 10.1055/s-0030-1261459

Genitale Ulzerationen als Symptom einer akuten EBV-Infektion

I Sütterlin 1, K Blessing 1, C Müller 1, D Huzly 2, M Hufnagel 1, R Berner 1
  • 1Universitäts – Kinderklinik, Freiburg
  • 2Virologie, Freiburg

Hintergrund: Das Epstein-Barr Virus (EBV) ist ein ubiquitär vorkommendes humanes Herpesvirus. Bisher sind in der Literatur nur wenige Fälle von genitalen Ulzerationen im Rahmen einer akuten EBV-Infektionen beschrieben. Wir berichten über ein 14 Jahre altes Mädchen mit schmerzhaften genitalen Läsionen als initiales Hauptsymptom einer akuten infektiösen Mononukleose. Fallbericht: Ein 14 Jahre altes Mädchen stellte sich in reduziertem Allgemeinzustand mit akuter Dysurie vor. Anamnestisch wurde von seit drei Tagen bestehendem Fieber, allgemeinem Krankheitsgefühl und leichten Halsschmerzen berichtet. Bis dahin war mit Penicillin, Amoxicillin und Cefuroxim behandelt worden. Initial fielen ein geröteter Rachen und eine milde zervikale Lymphadenopathie auf. Genital zeigten sich im Bereich der Innenseiten beider Labia minora mehrere tiefe, 1–2cm messende, weisslich-schmierig belegte Ulzera mit rotem Randsaum. Bisher bestanden keine Sexualkontakte. Laborchemisch fielen eine Lymphozytose (52%), eine leichtgradige Erhöhung der Transaminasen (GPT 91U/l) und ein mäßig erhöhtes C-reaktives Protein (29mg/l) auf. Es wurde zunächst eine Therapie mit Aciclovir und Cefuroxim i.v. begonnen. Drei Tage später traten eine ausgeprägte zervikale Lymphadenopathie, stark vergrößerte Tonsillen mit weisslich-grauen Belägen und ein generalisiertes Exanthem auf. Laborchemisch fanden sich nun eine deutliche Lymphozytose (69%) mit vielen atypischen Zellen, eine Thrombozytopenie (81.000/µl), deutlich erhöhte Transaminasen (GPT 564U/l, GOT 462U/l, γGT 212U/l), ein erniedrigter Quick-Wert (59%), sowie eine Ferritin-Erhöhung (898ng/ml). Im Rachenabstrich fand sich kein Nachweis von β-hämolysierenden A-Streptokokken. Abstriche im Bereich der genitalen Läsionen ergaben eine sterile Kultur und kein Nachweis von Chlamydophilia trachomatis-, HSV- oder EBV-DNA. Ebenso konnte eine akute CMV-, HSV- und Treponema pallidum-Infektion serologisch ausgeschlossen werden, jedoch gelang der Nachweis einer akuten EBV-Infektion mit positiven anti-VCA-IgM- und -IgG-Antikörpern, negativen anti-EBNA-IgG-Antikörpern, sowie einem niedrigen Aviditätsindex. Die genitalen Ulzerationen heilten nach drei Wochen vollständig ab. Zusammenfassung und Schlussfolgerung: Genitale Ulzerationen sind ein seltenes Symptom einer akuten EBV-Infektion. Bisher finden sich in der Literatur ca. 30 Fallberichte von adoleszenten Mädchen, deren initiales Hauptsymptom analog zu unserem Fall schmerzhafte, genitale Ulzerationen waren. In nahezu allen Fällen gingen unspezifische Prodromalsymptome voraus und die typischen klinischen Zeichen einer akuten EBV-Infektion folgten nach einigen Tagen. In 10–20% der Fälle gelang der Nachweis von EBV-DNA aus den genitalen Läsionen. Als pathogenetische Mechanismen werden eine direkte Virus-induzierte Zelllyse, sowie eine durch die zytotoxische Immunantwort CD8-positiver T-Zellen vermittelte zelluläre Zytotoxizität diskutiert.