Klin Padiatr 2010; 222 - DGPI_PO_24
DOI: 10.1055/s-0030-1261440

Encephalitis Lethargica bei einem 9 Jahre alten Jungen

K Henrich 1, A Schnelke 1, H Bachfischer 2, A Fiedler 1
  • 1Kinderabteilung, Klinikum St. Marien, Amberg
  • 2Radiologie, Klinikum St. Marien, Amberg

Hintergrund: Wir berichten über einen 9 Jahre alten Jungen mit Encephalitis unklarer Genese, bei dem im Verlauf die Diagnose einer Encephalitis lethargica (E.L.) gestellt werden konnte. Die Erkrankung wurde erstmals 1927 durch den Arzt von Economo beschrieben. Die typische Symptomatik besteht aus Schlaf- bzw. Vigilanzstörungen, extrapyramidalmotorische Störungen, Augenmuskelbeteiligung und Encephalitis. Die Ätiopathogenese ist bis heute unklar, eine Assoziation mit Influenzavirus sowie eine autoimmun vermittelte Poststreptokokkenerkrankung wird vermutet. Die Therapie ist rein symptomatisch, die Prognose unterschiedlich mit einem Drittel Todesfällen und einem Drittel vollständiger Remission. Nach 1927 wurden in der Literatur immer wieder sporadische Fälle beschrieben. Ergebnisse/Verlauf: Unser Patient zeigte typische Symptome der E.L. wie Vigilanzstörungen, Extrapyramidalmotorische Störungen, Fieber und neuropsychiatrische Symptome. Im Verlauf zeigten sich eine kardiorespiratorische Beteiligung mit Beatmungspflichtigkeit sowie epileptische Anfälle. In der Bildgebung ergaben sich eindrucksvolle Befunde einer ausgeprägten Encephalitis unter Einbeziehung der Stammganglien mit hämorrhagischer Komponente. Die PCR für Influenza Typ B war grenzwertig positiv, so dass sich hier ein Zusammenhang vermuten ließ. Weitere Differenzialdiagnosen konnten ausgeschlossen werden. Unser Patient wurde symptomatisch therapiert und entwickelte im Verlauf ein appallisches Syndrom. Diskussion: Bei zunächst unklarer Diagnose wurden infektiöse Ursachen, Infektionen mit postinfektiösen extrapyramidalmotorischen Symptomen, Mitochodropatien und weitere mögliche Ursachen einer Encephalitis ausgeschlossen. Die Kombination der typischen Symptomatik, des Verlaufs sowie dem Ausschluss wichtiger Differenzialdiagnosen führte schließlich zur Diagnose der seltenen E.L. Schlussfolgerung: Der hier vorliegende Fall zeigt, dass das Krankheitsbild der E.L. immer wieder sporadisch auftreten kann. Es sollte daher beim Vorliegen einer Encephalitis, typischer Symptomatik und Ausschluss von Differenzialdiagnosen auch an die Möglichkeit des Vorliegens dieser seltenen Erkrankung gedacht werden.