Klin Padiatr 2010; 222 - DGPI_PO_23
DOI: 10.1055/s-0030-1261439

Massive Hypereosinophilie bei 2 jährigem Patienten mit Nachweis von Toxoplasma gondii, Strongyloides stercoralis sowie Mikrodeletion 22q11.2

J Weichsel 1, J Pfeilstetter 2, KN Pargac 2, R Knöfler 1, M Suttorp 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden
  • 2Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Elblandklinikum Meißen, Meißen

Anamnese/Klinischer Befund: 2 Jahre alter Junge, stationäre Aufnahme wegen obstruktiver Bronchitis. Eigenanamnestisch chronische obstruktive Bronchitis, rezidivierende Atemwegsinfekte, Salmonellenenteritis 2 Monate zuvor. Der Junge lebt mit seiner Familie auf einem Bauernhof und ist in Kontakt mit Katzen, Schafen und Vögeln. Klinisch diskrete faziale Dysmorphie (Hyperthelorismus, breite Nasen-wurzel), kaum beeinträchtigter Allgemeinzustand, rezidivierend subfebrile Temperaturen, trockener Husten, multiples zirkumskriptes Erythem der unteren Extremitäten, geringgradige Hepatomegalie. Verlauf/Befunde: Stets stabiler Allgemeinzustand, bei Leukozytose von 53 GPt/l mit 70% Eosinophilen (Eos) Verlegung in pädiatrische Hämatologie/Onkologie mit Verdacht auf akute Leukämie. Weiterer Leukozytenanstieg auf 87 GPt/l, 69% Eos. Im Knochenmarkaspirat massive Eosinophilie mit 7,5% Blastenanteil, ohne Nachweis klonaler Marker (PDGFRA); somit Ausschlussdiagnose chronische Eosinophile Leukämie (CEL) möglich. Durch fünftägige niedrigdosierte Steroid-therapie (0,5mg/kg KG) aufgrund kleinem Pericarderguß deutlicher Rückgang der Leukozytose. Im weiteren Verlauf zunächst serologischer Nachweis von Toxoplasma gondii, bei erweiterter Diagnostik (aufgrund geringer Plausibilität der Eosinophile für eine Toxoplasmose) dann serologischer Nachweis von Strongyloides stercoralis ohne direkten Larvennachweis. Genetische Identifikation einer Mikrodeletion 22q11.2. Nach Behandlung des Pat. mit Mebendazol Normalisierung des peripheren Blutbildes. Diskussion: Bei initialem Verdacht auf eine CEL/Hypereosinophiles Syndrom zeigte die serologische Diagnostik eine Koinfektion von Toxoplasma gondii und Strongyloides stercoralis. Durch Steroidtherapie konnte das Blutbild schnell weitgehend normalisiert werden, aber erst die antihelmintische Behandlung mit Mebendazol reduzierte die Eosinophilenzahl auf Normalwerte. Retrospektiv wird die massive Eosinophilie als aberrante Immunreaktion bei Koinfektion erklärbar (Graham A.L (2002). Q. Rev. Biol., 77: 409–434). Bei nachgewiesener 22q11.2 Mikrodeletion bleibt ein klinisch relevanter, angeborener Immundefekt spekulativ, da paraklinisch keine diesbezüglich veränderten Laborwerte vorlagen. Angesichts der extrem niedrigen Inzidenz von HES/CEL im Kindesalter muss auch bei ausgeprägter Hypereosinophilie ein starker Anfangsverdacht auf eine parasitäre Infektion gelegt werden.