Klin Padiatr 2010; 222 - DGPI_PO_9
DOI: 10.1055/s-0030-1261425

Erste Erfahrung mit Zanamivir i.v. bei einem 2-jährigen Mädchen mit H1N1-assoziiertem ARDS nach Leber-Transplantation

C Dohna-Schwake 1, B Schweiger 2, P Gerner 1, A Paul 3, PF Hoyer 1, U Felderhoff-Müser 1
  • 1Klinik für Kinder und Jugendmedizin der Universität, Essen
  • 2NRZ Influenza, Robert Koch Institut, Berlin
  • 3Allgemein- und Viszeralchirurgie, Universitäts-Klinik Essen, Essen

Hintergrund: Infektionen mit der neuen Influenza (H1N1) können zumeist mit Oseltamivir suffizient behandelt werden. Erfahrungen mit dem intravenösen Neuraminidase-Hemmer Zanamivir, insbesondere im Kindesalter, sind gering. Fallbericht: Wir berichten über eine 2-jährige Patientin, die aufgrund eines Caroli-Syndroms und progredienter biliärer Zirrhose lebertransplantiert wurde. Als frühe postoperative Komplikation zeigte sich eine Pfortaderthrombose, die operativ behoben werden konnte. Am 4. postoperativen Tag kam es zu einer akuten respiratorischen Verschlechterung, die eine Re-Intubation der 12 Stunden zuvor unter stabilen Bedingungen extubierten Patientin erforderlich machte. Die Patientin entwickelte ein schweres ARDS mit einem PaO2/FiO2 von 150. Ausführliche infektiologische Diagnostik wurde veranlasst, und es konnte H1N1-RNA im Trachealsekret nachgewiesen werden. Eine Therapie mit Oseltamivir wurde eingeleitet, es kam jedoch im Verlauf zu einer weiteren respiratorischen Verschlechterung (PaO2/FiO2 <100). Da die Patientin keinen Nahrungstransport aus dem Magen zeigte, erschien die Resorption von Oseltamivir sehr fraglich. Wir entschlossen uns daher, auf Basis von „Compassionate use“ einen Therapieversuch mit intravenösem Zanamivir für fünf Tage durchzuführen. Hierunter kam es zu keiner Eradikation von H1N1-RNA. Erst 15 Tage nach Beendigung der Zanamivir-Therapie konnte kein H1N1 mehr nachgewiesen werden. Der klinische Zustand besserte sich langsam, und die Patientin konnte nach 20 Tagen invasiver Beatmung extubiert werden. Unter der Therapie mit Zanamivir kam es zu einer Verschlechterung der Leberwerte, und im Ultraschall konnte ein Pendelfluss in der Pfortader gesehen werden. Des Weiteren kam es zu einem leichten reversiblen Kreatinin-Anstieg. Eine Resistenz-Testung zeigte Empfindlichkeit des Virus auf Oseltamivir und Zanamivir. Schlussfolgerung: Bei der beschriebenen Patientin konnte die Therapie mit Zanamivir keine Eradikation von H1N1 und keine Besserung der Klinik herbeiführen. Potentielle Nebenwirkungen waren eine Verschlechterung von Leber- und Nierenfunktion.