Klin Padiatr 2010; 222 - DGPI_PO_8
DOI: 10.1055/s-0030-1261424

Miliartuberkulose unter TNF-a-Blockade bei einem 17-jährigen Mädchen – Präsentation als Sepsis und komplizierter Verlauf

S Hess 1, T Hospach 2, R Nossal 1, G Dannecker 2, K Magdorf 3, F Uhlemann 4
  • 1Pädiatrische Kardiologie und Intensivmedizin, Klinikum Stuttgart – Olgahospital, Stuttgart
  • 2Pädiatrische Rheumatologie, Klinikum Stuttgart – Olgahospital, Stuttgart
  • 3Charité – Universitätsmedizin Berlin, Department of Pediatric Pneumology and Immunology, Berlin
  • 4Pädiatrische Kardiologie und Intensivmedizin, Klinikum Stuttgart- Olgahospital, Stuttgart

Hintergrund: TNF-a-Blocker werden zunehmend zur Behandlung chronisch-entzündlicher Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter eingesetzt. Die Entwicklung einer aktiven Tuberkulose ist eine bekannte Komplikation, insbesondere bei Verwendung von monoklonalen TNF-Antikörpern. Wir beschreiben den Fall einer fulminant verlaufenden Miliartuberkulose mit paradoxer Reaktion auf tuberkulostatische Behandlung nach Therapie mit Adalimumab bei einer Jugendlichen mit SAPHO-Syndrom. Fallbericht: Ein 17-jähriges Mädchen wurde wegen Fieber, Dyspnoe sowie akuter Verwirrtheit und Gangunsicherheit in der Notfallambulanz vorgestellt. Sie war wegen eines zunächst therapierefraktären SAPHO-Syndroms seit 3 Jahren erfolgreich mit Adalimumab behandelt worden. Der Tuberkulin-Hauttest vor Beginn der Behandlung war negativ. Bei Aufnahme zeigte sich die Patientin bewusstseinsgetrübt, es kam zu einem generalisierten Krampfanfall. HF 180 bpm, RR 132/108mmHg, Temp. 38°C, deutliche Dyspnoezeichen, O2-Bedarf 15l über Maske. Rasch entwickelte sich das Bild eines septischen Schocks mit respiratorischer Insuffizienz. Echokardiographisch fand sich eine erheblich eingeschränkte systolische Herzfunktion (FS 16%), außerdem Perikard- und Pleuraergüsse. Das Thorax-Röntgenbild zeigte disseminierte noduläre Verschattungen, im Liquor 80 Leukozyten/ml (83% Segmentkernige), Eiweiß 177mg/dl, Glukose normwertig. Ein positiver INF-c-Test (ELISPOT) sowie positive Liquor-PCR auf M. tuberculosis bestätigten rasch eine Tuberkulose. Durch PCR und Kultur und gelang im weiteren Verlauf der Nachweis von M. tuberculosis aus Liquor, Trachealsekret, Bronchiallavage, Pleuraerguß und Aszites. Unter intensivmedizinischen Maßnahmen sowie 4-fach Therapie (INH, RMP, PZA, SM) plus Dexamethason kam es zur hämodynamischen Stabilisierung und im Verlauf zu einer deutlichen Besserung der pulmonalen Situation mit erfolgreicher Beatmungsentwöhnung. Nach vorübergehender Besserung trat 6 Wochen nach Aufnahme eine Abduzensparese auf. Im Liquor erneute Pleozytose (140 Leukozyten/ml) und Eiweißerhöhung (400mg/dl). MR-tomografisch zeigten sich nun ein Hydrocephalus communicans aresorptivus sowie mehrere abgegrenzte Tuberkulome intrazerebral, die initial nicht nachweisbar waren. Aktuell ist die Patientin mit einer offenen Liquorableitung versorgt.

Schlussfolgerungen: Auch bei Durchführung des empfohlenen Screenings auf latente Tuberkulose vor Beginn einer TNF-Blockade ist eine aktive Tuberkulose durch Neuinfektion jederzeit möglich. Diese kann als Miliartuberkulose verlaufen und sich unter dem Bild einer fulminanten Sepsis präsentieren. Eine sekundäre Verschlechterung unter adäquater Therapie (paradoxe Reaktion) ist möglich und könnte Ausdruck einer immunologischen Rekonstitution nach Absetzen der TNF-Blockade sein.

Lit.: Wallis RS, Infectious complications of tumor necrosis factor blockade, Curr Opin Infect Dis 2009,22:403–409.