Klin Padiatr 2010; 222 - DGPI_PO_5
DOI: 10.1055/s-0030-1261421

Antibiotika-Resistenzen stationär behandelter Harnwegsinfektionen – retrospektive Analyse über 3 Jahre

U Schulze-Sturm 1, P Kaiser 1, M Klouche 2, HI Huppertz 1
  • 1Klinikum Bremen-Mitte gGmbH Kinderklinik Prof. Hess, Bremen
  • 2Laborzentrum Bremen, Bremen

Hintergrund: Die erfolgreiche empirische Antibiotikatherapie (ET) von Harnwegsinfektionen (HWI)

hängt ab von der Resistenzlage uropathogener Erreger. Diese zeigt deutliche regionale Unterschiede. Die ET muss daher regelmäßig an die epidemiologischen Entwicklungen angepasst werden. Fragestellung : Gewinnung aktueller Surveillance-Daten zur Resistenzlage der Erreger stationär behandelter Harnwegsinfektionen. Material und Methode: Retrospektiv wurden mittels ICD-10-Codierung alle in unserer Kinderklinik (inkl. Intensivstationen und Kinderchirurgie mit -urologie) stationär behandelten Harnwegsinfektionen im Dreijahreszeitraum 11/2006–11/2009 ermittelt. Eingeschlossen wurden alle Fälle mit klinischen Zeichen eines HWI und Nachweis einer signifikanten Keimzahl im Urin, Keimdifferenzierung und Resistogramm. Die HWI-spezifische Vorgeschichte mit antibiotischer Therapie, Metaphylaxe, Uropathologien wurde erfasst. Ergebnisse: Es fanden sich 219 Isolate im Urin von 207 PatientInnen (davon 35% männlich), in 12 Fällen lag eine Infektion mit 2 Keimen vor. Nosokomial erworbene Infektionen wurden bei 15 Pat. (7%) nachgewiesen. Insgesamt 130 Pat. waren älter als 1 Jahr, 50 Pat. jünger als 6 Monate. Isoliert wurden 161x E. coli (73,5%), 13x Proteus (5,9%), 11x Klebsiellen (5%), 8x Enterokokken (3,7%) und 14x Enterobacter/Citrobacter (6,4%). Die ET wurde mit Cefotaxim als Monotherapie (57,5%) durchgeführt, gefolgt von Cotrimoxazol/TMP (7,8%), Ampicillin+Gentamicin (5,9%) und Cefaclor (5,5%). Mit der gewählten ET wurden insgesamt 82,7% der später isolierten Erreger initial als sensibel erfasst. In der Altersgruppe <6 Monate waren bereits 21,4% der Erreger Cefaclor-resistent, 14,3% Cefotaxim- resistent, 33,9% Cotrim-resistent. Resistent gegenüber Gentamicin waren 11% aller Erreger. Für Kinder <6Monate mit 1. HWI ohne bekannte Uropathologie (35 Fälle) waren 2 Erreger resistent auf Ampicillin+ Gentamicin, 1 auf Cefotaxim, 1 auf Piperacillin/Tazobactam. Bei antibiotischer Vorbehandlung (AB) fanden sich bereits in 58,2% Cotrim-resistente E. coli (ohne AB 32,9%) und 45,5% Cefaclor-resistente E. coli (ohne AB 17,7%), p<0,01. Bei Metaphylaxe mit Cotrim/TMP hatten 11 der 13 so behandelten PatientInnen Cotrim/TMP- resistente Keime, bei Metaphylaxe mit Cefaclor hatten ebenfalls 11/13 Cefaclor-resistente Keime. Schlussfolgerung: Bei ET mit Ampicillin+ Gentamicin wären 92,2% der nachgewiesenen Erreger sensibel gewesen, bei 1. HWI ohne vorbekannte Uropathologie 97,2%. Bei der Auswahl der ET ist die Berücksichtigung der Anamnese von Vorbehandlungen und Uropathien essentiell. Der hohe Anteil Cephalosporin-resistenter Erreger und ESBL-Bildner erfordert einen sensiblen Umgang mit Antibiotika dieser Substanzgruppe. An unserer Klinik haben wir daraufhin die ET der Pyelonephritis/Urosepsis auf Ampicillin+Gentamicin umgestellt.