Klin Padiatr 2010; 222 - DGPI_PO_4
DOI: 10.1055/s-0030-1261420

MRSA-Besiedlung einer tracheostomierten Patientin mit MPS Typ VI und deren psychosozialen Folgen- ein Fallbericht

S Magga 1, S Reichling 1, A Simon 1, G Fleischhack 1, O Moser 1
  • 1Universitätsklinik Zentrum f. Kinderheilkunde, Bonn

Hintergrund: Staphylococcus aureus ist ein häufiger Erreger von Wund- und Weichteilinfektionen, aber auch ein von potentiell lebensbedrohlichen Infektionen wie Pneumonie oder Sepsis. Diese Infektionen sind oft mit Fremdkörpern (Katheter, Tracheostoma, Implantate) assoziiert. Handelt es sich um ein Oxacillin-resistentes Isolat, spricht man von ‘Methicillin-resistenten S. aureus’ (MRSA). Die Prävalenz von MRSA in Pflegeheimen in Deutschland ist nicht flächendeckend untersucht; sie ist nach den vorliegenden Informationen jedoch deutlich höher, als in der Allgemeinbevölkerung. Einmal kolonisiert besteht für Patienten mit Risikofaktoren das Risiko einer Infektion. Eine Dekolonisation kann versucht werden, ist jedoch oft im Pflegeheim langfristig nicht möglich. Für MRSA-kolonisierte Pflegeheimbewohner resultiert aus den Hygienemaßnahmen nach RKI-Empfehlung eine langfristige Einschränkung der Lebensqualität. Auch die Bereitschaft, dermaßen ‘aufwendige’ Patienten stationär oder teilstationär zu behandeln, ist vielerorts begrenzt. Fallbericht: 20-ig jährige syrische Patientin, lebt mit einer MPS Typ VI im Pflegeheim. Infolge von MPS-Ablagerungen der Trachea erfolgte 02/09 eine Tracheostomie, im weiteren Verlauf eine Wundinfektion des Tracheostomas mit Nachweis von MRSA (Rheinhessen Stamm, ‘Hospital-MRSA’, erstmals 08/09). Im Rahmen der Grunderkrankung Dysostosis multiplex, instabile HWS im kraniozervikalen Übergang, Hornhauttrübung bds., Hepatomegalie, Vertigo, arterielle Hypertonie, rezidivierende Harnwegsinfektionen. Zwei stationär durchgeführte Dekolonsationsversuche [mit Octendin (Tracheostoma/Haut) bzw. Polyhexanid (Haut/Schleimhaut) und paralleler Verabreichung von Rifampicin/Fosfomycin (über den Port Katheter) und Cotrimoxazol über 7 Tage] im Abstand von 5 Monaten führten nur vorübergehend zum Erfolg (MRSA in 3 Abstrich-Kontrollen nicht nachweisbar). Zusätzliche Indikation für die systemische antibiotische Behandlung war die Wundinfektion im Bereich des Tracheostomas. Die Patientin wird im Pflegheim aufgrund der MRSA Kolonisation weiterhin isoliert. Dies führt zu einer erheblichen psychischen Belastung (reaktive Depression, sozialer Rückzug) der kognitiv normal entwickelten Patientin. Des Weiteren gestaltet sich die Organisation eines Krankenhausbettes zur Durchführung spezieller Verlaufskontrollen in einem auswärtigen Behandlungszentrum für Patienten mit Stoffwechselerkrankungen aufgrund der MRSA Kolonisation schwierig. Schlussfolgerung: Eine dauerhafte Dekolonisation einer MRSA-Besiedlung bei chronisch kranken Patienten in Pflegeheimen ist mitunter nicht möglich. Grundsätzlich muss im Einzelfall diskutiert werden, ob eine Kontaktisolierung über Standardhygienemaßnahmen hinaus im alltäglichen Umgang mit solchen Menschen im Pflegeheim gerechtfertigt ist und wie einer sozialen Isolierung vorgebeugt werden kann. Die Grundrechte des kolonisierten Bewohners müssen dabei beachtet werden. Bei Wiederaufnahme ins Krankenhaus und in den entsprechenden Spezialambulanzen gelten selbstverständlich die RKI Empfehlungen uneingeschränkt.