Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_FV_77
DOI: 10.1055/s-0030-1261414

Langzeit-transplantierte human-murin chimäre NOD/SCID/IL2Rγnull Mäuse zeigen eine verminderte CD8+ T Zellzahl und eine funktionelle Reifungsstörung von NK Zellen

MC André 1, A Erbacher 1, C Gille 2, V Schmauke 1, B Goecke 1, A Hohberger 3, P Mang 1, A Wilhelm 1, I Müller 1, W Herr 3, P Lang 1, R Handgretinger 1, UF Hartwig 3
  • 1Universitäts-Kinderklinik, Abt. Hämatologie und Onkologie, Eberhard Karls Universität, Tübingen
  • 2Universitäts-Kinderklinik, Abt. Neonatologie, Eberhard Karls Universität, Tübingen
  • 3Universitätsklinik für Innere Medizin, Abt. Hämatologie und Onkologie, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz

Hintergrund: Viele infektiologische und immunologische Fragestellungen werden in Mausmodellen untersucht, allerdings ist eine Vielzahl der Befunde nicht ohne weiteres von der Maus auf den Menschen übertragbar. NOD/SCID/IL2Rγnull Mäuse besitzen keine eigenen T, B und NK Zellen und können daher menschliche Stammzelltransplantate nicht abstossen. Wir haben erstmalig beschrieben, dass die Transplantation menschlicher Stammzellen (SC) in diesem Mausstamm zu einem raschen Anwachsen der SC und der Ausbildung eines menschlichen Immunsystems mit vielfältigen hämatopoetischen Zelllinien führt (Shultz et al., J Immunol, 2005). Allerdings war bislang unklar, ob sich dieses Modell als Langzeit-Transplantationsmodell eignet und welche Funktionalität dieses Immunsystem-Surrogat langfristig aufweist. Da dieses Mausmodell bereits eingesetzt wird, um infektiologische Fragestellungen zu HIV-, CMV- oder parasitären Erkrankungen beantworten zu können, ist es unabdingbar, die Funktionalität dieses Mausmodells im Langzeit-Verlauf zu beschreiben. Fragestellung: Eignet sich das von uns etablierte human-murine NOD/SCID/IL2Rγnull Mausmodell in seiner jetzigen Form dazu, als Langzeit-Transplantationsmodell phänotypisch und funktionell kompetente Lymphozyten zu generieren und zu erhalten? Methoden: 6–8 Wochen alte NOD/SCID/IL2Rγnull Mäuse wurden sublethal bestrahlt und mit 1×106 CD34+ menschlichen Stammzellen transplantiert. Zur Unterstützung des Engraftments wurde wöchentlich ein Fc-IL7 Konstrukt intravenös gespritzt. Phänotypische und funktionelle Analysen der T und NK Zellpopulationen wurden zwischen Woche 16 und 30 nach Transplantation durchgeführt und mit menschlichen Kontrollproben verglichen. Ergebnisse und Diskussion: Die Generierung von humanen T, B und NK Zellen war mittels dieses Modells möglich. Während sich in frühen Phasen nach der Transplantation (<16 Wochen) die Differenzierung von CD4+ und CD8+ T-Zellen zeigte, verschwanden die CD8+ T Zellen in späteren Transplantationsphasen. Die CD4+ T Zellen waren funktionell aktiv und sezernierten IFN-γ nach Kontakt mit allogenen dendritischen Zellen. Im Gegensatz hierzu zeigten die NK Zellen einen unreifen Phänotyp und waren funktionell anerg. Wir vermuten, dass das Fehlen von CD8+ T Zellen und der funktionelle Reifungsstopp der NK Zellen einerseits auf ein inadäquates Zytokinmilieu (z.B. Fehlen von IL15) und andererseits auf die unzureichende Gewebeexpression von menschlichen MHC Molekülen zurückzuführen ist.

Schlussfolgerung: Wir planen, unser Modell um die exogene IL15 Gabe zu erweitern und unsere Untersuchungen zur Generierung einer menschlichen Hämatopoese in NOD/SCID/IL2Rγnull Mäusen zu wiederholen, welche zusätzliche Transgene für menschliche MHC Moleküle besitzen. Unser Modell eignet sich in seiner jetzigen Form für infektiologische Erkrankungen, welche rasch verlaufen (z.B. als Sepsismodell), nicht aber für Langzeit-Infektionsmodelle wie HIV-Infektionen.