Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_FV_66
DOI: 10.1055/s-0030-1261401

Vergiftung mit Kupfersulfat in suizidaler Absicht

C Pantazis 1, U Felderhoff-Müser 1, P Gerner 1, C Dohna-Schwake 1
  • 1Klinik für Kinder und Jugendmedizin der Universität, Essen

Kupfer ist ein wichtiges Spurenelement und Bestandteil vieler Oxidationsenzyme. Kupfersulfat hingegen ist eine hochtoxische Verbindung und kann bei oraler Einnahme eine Ätzung der Schleimhäute, Rhabdomyolyse und Hämolyse mit Leber- und Nierenversagen verursachen. Die Einnahme >1g führt zu Symptomen einer Kupfervergiftung. Die wenigen bisher in der Literatur beschriebenen Fälle wurden mit Chelatbildner und Hämofiltration behandelt. Am 15.10.09 erfolgte die Verlegung einer 17-jährigen Patientin nach Ingestion größerer Menge Kupfersulfat (ca. 15g) in suizidaler Absicht. Bei Aufnahme in unserer Klinik war die Patientin leicht schläfrig, blieb aber ansprechbar. Sie klagte über Bauchschmerzen, der sonstige Untersuchungsbefund blieb unauffällig. Eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie zeigte deutliche Verätzungen von Ösophagus, Magen und teilweise auch Duodenum. Die Beläge ließen sich trotz intensivierter Spülung unter Sicht nicht ablösen. Die Bestimmung des Serumkupfers lag mit 592µg/dl im toxischen und potentiell letalen Bereich (Normbereich 64–117µg/dl). Wir behandelten mit den Chelatbildner Penicillamin und DMPS und Zink sowie mit Omeprazol. Aufgrund des hoch-toxischen Kupfer-Spiegels und der nicht ablösbaren Beläge gingen wir von einer anhaltenden Resorption von Kupfer aus. Es wurde die Durchführung einer Magenteilresektion diskutiert. Unter der symptomatischen Therapie kam es jedoch schon am folgenden Tag zu einem signifikanten Abfall des Kupfers auf 92µg/dl und somit in den Normbereich. Eine Rhabdomyolyse oder schwere Hämolyse traten nicht auf, und Leber- und Nierenfunktion blieben normal. Es zeigte sich lediglich ein vorübergehender leichter Anstieg der Pankreasenzyme. Bei der Ösophago-Gastro-Duodenoskopie im Verlauf zeigte sich eine Ablösung der Beläge sowie tiefe, fibrinbelegte Nekrosen im Antrum. Ösophagus und Duodenum waren unauffällig. Die Patientin konnte in gutem AZ in unsere kinderpsychiatrische Abteilung zur weiteren Therapie verlegt werden. Bei einer Wiedervorstellung ca. 6 Wochen später war die Patientin beschwerdefrei, die Ösophagogastroskopie zeigte einen unauffälligen Befund. Bei rascher Einleitung einer Therapie mit Chelatbildnern konnte im vorliegenden Fall trotz hoch-toxischer Kupfer-Spiegel auf ein extrakorporales Nierenersatzverfahren verzichtet werden.