Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_FV_62
DOI: 10.1055/s-0030-1261392

Plasma sE-Selectin Werte als Parameter für die Entwicklung eine Frühgeborenenretinopathie

M Krüger 1, WA Lagréze 2, C Gimpel 1, R Hentschel 1, C Buschbeck 2, U Zirrgiebel 3, H Agostini 2, C Pieh 2
  • 1Universitäts – Kinderklinik, Freiburg
  • 2Universitäts-Augenklinik, Freiburg
  • 3ProQinase GmbH, Clinical Biomarker Analysis, Freiburg, Freiburg

Einleitung: Die Frühgeborenenretinopathie (ROP) tritt unter den Bedingungen der heutigen neonatologischen Intensivmedizin vor allem in Abhängigkeit vom Ausmaß der Unreife und der Schwere der respiratorischen Störung auf. Die hypoxie-induzierte Synthese angiogener Wachstumsfaktoren führt zur Neovaskularisation im Grenzbereich der unreifen Netzhaut. Neben verschiedenen Angiogenesefaktoren spielt auch E-Selectin als endotheliales Leukozytenadhäsionsmolekül eine Rolle in der Angiogenese und kapillären Morphogenese. Die ROP ist unverändert die zweithäufigste Ursache der Erblindung im Kindesalter. Fragestellung: Sind die im Plasma messbaren löslichen (soluble) E-Selectin-Werte (sE-Selectin) in Zusammenschau mit klinischen Risikofaktoren als Parameter in der Früherkennung der ROP geeignet?

Methoden: Wir bestimmten prospektiv bei 42 Frühgeborenen, Gestationsalter 23–32 (Median 27) Wochen, sE-Selectin Plasmawerte. 22 Frühgeborene entwickelten keine ROP, 8 eine ROP Stadium I, 7 Stadium II und 5 Stadium III. Frühgeborene ohne ROP und mit Stadium I wurden als „noROP“, alle anderen als „ROP“ Gruppe klassifiziert. Ergebnisse: Bei den Frühgeborenen der ROP-Gruppe waren die sE-Selectin-Werte signifikant erhöht mit 74,7ng/ml (29–222; Median, Range; p=0,005) vs. noROP 39,7ng/ml (12–130). Die weitere univariate Auswertung zeigte, dass Frühgeborene der ROP-Gruppe ein signifikant niedrigeres Gestationsalter und Geburtsgewicht hatten und häufiger Beatmung und eine Surfactanttherapie benötigten. Die Multivariatanalyse identifizierte sE-Selectin-Werte und das Gestationsalter als unabhängige Risikofaktoren für die Entwicklung einer ROP. Ein sE-Selectin Anstieg um 10ng/ml erhöhte das Risiko einer ROP um den Faktor 1,6. Die ROC-Analyse bestätigte den Nutzen einer kombinierten Risikoabschätzung von sE-Selectin-Werten und einem Score auf der Basis des Gestationsalters. Zusammenfassung: Erhöhte sE-Selectin-Plasmawerte sind mit der Entwicklung einer ROP assoziiert. Diese Werte sind unabhängig von klinischen Risikofaktoren wie Beatmung oder der Entwicklung eines Atemnotsyndroms. Wir postulieren, dass mit einer Bestimmung eines Scores auf Basis des sE-Selectin-Wertes im Alter von zwei Wochen und des Gestationsalters eine Vorhersage für die Entstehung einer ROP möglich ist und dadurch frühere diagnostische und therapeutische Möglichkeiten eröffnet werden.